Freitag, 15 November 2024
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Die Schufa: Datenspeicherung – Wer darf das?

Die Schufa verteilt Noten fรผr Erwachsene. Wie kann das sein, dass eine private Institution sich ungefragt zum Lehrer aufschwingt und NOTEN an Bรผrger verteilt?

Die Betroffenen sind ja regelmรครŸig keine Schรผler mehr, sondern Erwachsene. Grundlagen fรผr diese Noten sind die persรถnlichen Daten der Betroffenen. Die Noten รผber die Bรผrger entstehen aus Daten, die die Schufa nutzt. Der Schutz dieser Daten wird allerdings in der Europรคischen Union und somit auch in Deutschland als extrem wichtig angesehen. Datenschutz ist ein wichtiger Bestandteil unserer freien demokratischen Gesellschaft. Die ungefragte Notenverteilung durch die Schufa kann belastend sein, hinzu kommt die hรคufig ungefragte Nutzung von Daten, die erhoben werden. Wie kann es also sein, dass die Schufa als Phรคnomen รผberhaupt besteht?

Grundlagen der Datenverarbeitung

In erster Linie bedeutet Datenverarbeitung erstmal nichts anderes als: Der organisierte Umgang mit Datenmengen mit dem Ziel, Informationen รผber diese Datenmengen zu gewinnen oder diese zu verรคndern (vgl. Art. 4 Nr. 2 Datenschutz-Grundordnung – DSGVO). Mit der Datenverarbeitung wurde eigentlich das Ziel verfolgt, unser Leben zu erleichtern. Durch sie sollen monotone Routinearbeiten abgeschafft und eine schnellere Verarbeitung groรŸer Datenmengen ermรถglicht werden. Dies sorgt fรผr eine hรถhere Wirtschaftlichkeit durch geringere Personalkosten und auch Schnelligkeit.

Datenschutzgrundverordnung – DSGVO

Wegen der Wichtigkeit hat die Europรคische Union Regeln zur Datenverarbeitung aufgestellt und hohe Strafen formuliert fรผr den Fall von DatenschutzverstรถรŸen. Die Datenschutz- Grundverordnung (kurz DSGVO) stellt hierbei den rechtlichen Rahmen der Datenverarbeitung in der Europรคischen Union dar und soll auch den Schutz von personenbezogenen Daten garantieren. Es handelt sich hierbei um eine Verordnung der Europรคischen Union, die seit dem 25. Mai 2018 vollumfรคnglich in der gesamten EU gilt.

Als personenbezogene Daten gelten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare lebende Person beziehen (Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Teilinformationen, die zur Identifikation einer Person beitragen, gelten ebenfalls als personenbezogene Daten.

Beispiele fรผr personenbezogene Daten sind:

– Der Name

– Die Anschrift

– Eine personalisierte E-Mail-Adresse

– Die Ausweisnummer

– Allgemeine Standortdaten

– Die verwendete IP-Adresse

– ร„rztliche Patientendaten

All diese Daten und auch andere personenbezogene Daten dรผrfen in der EU nicht ohne weiteres erhoben und verarbeitet werden.

Hierbei ist festzuhalten, dass gemรครŸ den Vorgaben der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung), insbesondere deren Artikel 6 Absatz 1 i.V.m. Art. 4 Nr. 2 DSGVO, erst einmal jede Datenรผbermittlung und somit auch jeder Negativ-Eintrag bei Auskunfteien wie der Schufa Holding AG rechtswidrig ist, es sei denn die verantwortliche Stelle, also die Schufa oder die einmeldende Person, kann nachweisen, dass ein gesetzlich normierter Rechtfertigungsgrund eingreift.

Einwilligung und Einverstรคndnis?

Das Zauberwort heiรŸt hier in den meisten Fรคllen „Einverstรคndnis“. Art. 6 I DSGVO regelt die RechtmรครŸigkeit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten unter bestimmten Bedingungen. Diese Bedingungen sind:

– Die Einwilligung der betroffenen Person

– Die Verarbeitung erfolgt auf Grundlage eines Vertrags

– Die Verarbeitung ist zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person

– Erforderlich fรผr die Wahrnehmung einer Aufgabe im รถffentlichen Interesse

– Erforderlich, um berechtigte Interessen Dritter zu wahren

Jeder kennt die „obligatorischen“ Unterschriften zum „Schufa-Einverstรคndnis“, die bei fast jedem Vertragsschluss schnell geleistet werden. Die Schufa erhebt also in den meisten Fรคllen Daten auf der Grundlage Ihres Einverstรคndnisses (Art. 6 I lit. a) DSGVO).

Die Schufa beruft sich jedoch oft bei fehlendem Einverstรคndnis auf Art. 6 I lit f) DSGVO (iVm ยง 31 BDSG), also das รœberwiegen des berechtigten Interesses. Dieses Interesse soll darin bestehen, dass die Schufa ihren Vertragspartnern Auskunft รผber kreditrelevante Umstรคnde potenzieller Kunden gibt. Dieses berechtigte Interesse ist auch von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. OLG Schleswig – Urteil vom 02.07.2021 – 17 U 15/21; OLG Oldenburg – Urteil vom 23.11.2021 – 13 U 63/21; BGH – Urteil vom 07.07.1983 – III ZR 159/82).

Kunden der Schufa sind naturgemรครŸ vor allem solche Unternehmen, die Verbrauchern eine Art von Darlehen bzw. anderer Dienstleistung anbieten, welche vom Vertrauen des Unternehmers in die Zahlungsfรคhigkeit des Verbrauchers abhรคngen. Beispiele hierfรผr sind Banken, Sparkassen oder Mobilfunkanbieter wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder o2. Viele Schufa Eintrรคge werden auch von Seiten durch Inkassounternehmen wie beispielsweise der Bad Homburger Inkasso GmbH, der BID Bayerischer Inkasso Dienst AG, der dohr Inkasso GmbH & Co. KG, der EOS DID Deutscher Inkasso Dienst, der HIT Hanseatische Inkasso Treuhand GmbH, der Infoscore Forderungsmanagement GmbH, der KSP Kanzlei Dr. Seegers, der ProCash Collection Services GmbH oder der Real Inkasso GmbH & Co. KG.

Die Rechtsprechung hat auch diesbezรผglich festgestellt, dass die Kreditwirtschaft pauschal ein berechtigtes Interesse hat, รผber zahlungsunfรคhige Kreditnehmer unterrichtet zu werden.

Doch wieso werden Schufa-Eintrรคge nach Erledigung nicht sofort gelรถscht?

Die Schufa beruft sich in Hinblick auf Lรถschungen von erledigten Schufa Eintrรคgen auf die „Verhaltensregeln fur die Pruf- und Loschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien“, welche von dem Verband „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ herausgegeben und vom zustรคndigen Datenschutzbeauftragten genehmigt worden ist. Mitglieder dieses Verbandes sind die CRIF GmbH, die Creditrefomr Boniversum GmbH, die Dun & Bradstreet Deutschland GmbH, der IHD KREDITSCHUTZVEREIN E.V., die infoscore Consumer Data GmbH und die SCHUFA Holding AG.

Hiernach wird ein Schufa Eintrag taggenau drei Jahre nach seiner Erledigung gelรถscht.

Im Code of Conduct ist jedoch auch notwendigerweise festgehalten: „Diese Verhaltensregeln schlieรŸen eine besondere Prufung im Einzelfall auf Antrag der betroffenen Person (gem. Art. 17, 21 DS-GVO) nicht aus.“

Nach Art. 17 der DSGVO besteht fรผr den Bรผrger das sogenannte „Recht auf Vergessenwerden“. Dieses Recht besagt, dass der Betroffene das Recht darauf hat, personenbezogene Daten lรถschen zu lassen, sofern diese Daten nicht mehr benรถtigt werden.

Bei negativen Eintrรคgen, die beglichen wurden, wird vermutlich ein Anspruch auf Lรถschung dieser Eintrรคge nach Art. 17 I lit. a) DSGVO gedacht. Dem ist jedoch nicht so. So entschied beispielsweise das Landgericht Wiesbaden, dass Auskunfteien nicht durch den Art. 17 I lit. a) DSGVO dazu verpflichtet sind, rechtmรครŸig erhobene Daten, die einem legitimen Interesse dienen, auf Antrag lรถschen zu mรผssen, weil sich hieraus ein erhรถhtes Ausfallrisiko fรผr die Zukunft ergeben kann. (LG Wiesbaden, Urteil v. 21.02.2019, Az. 2 O 237/18)

Die Begrรผndung sei, dass Auskunfteien Daten zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen als Schutzorganisation der Wirtschaft sowie im Interesse ihrer Vertragspartner speichern und verarbeiten.

Dieses Urteil steht nicht ohne Kritik da. Das Gericht bezog sich in ihrer Begrรผndung auf BGH-Entscheidungen aus den Jahren 1978 und 1983. Zu dieser Zeit war einerseits der Bรผrger zur Teilnahme am sozialen Leben nicht auf derart zahlreiche Vertragspartner angewiesen und andererseits hat nicht jeder dieser Vertragspartner eine Bonitรคtsprรผfung vorgenommen, die nun im digitalen Zeitalter ohne groรŸen Aufwand mรถglich ist und auch von den meisten Unternehmen immer durchgefรผhrt wird.

Mรถglich ist auch ein Anspruch auf Lรถschung gem. Art. 17 I lit. c). Hierfรผr mรผsste der Betroffene gem. Art. 21 I 1 DSGVO von seinem Widerspruchsrecht aufgrund einer besonderen Situation Gebrauch gemacht haben. Diese besondere Situation ist durch den Gesetzgeber nicht ausreichend konkretisiert worden und muss daher im Einzelfall ermittelt werden. Anhand bisheriger Rechtsprechung hat sich ein Katalog entwickelt, an welchem man sich hierbei orientieren kann. Macht der Betroffene gegenรผber der Schufa von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch, ist die Schufa verpflichtet, die Verarbeitung einzustellen. Sollte diese die Verarbeitung nicht einstellen, ist sie verpflichtet,

zwingende schutzwรผrdige Grรผnde nachzuweisen, die
die Interessen, Rechte und Freiheiten des Betroffenen im konkreten Fall รผberwiegen.

Hierbei ist im Einzelfall anzunehmen, dass die Belange des Betroffenen im Zweifelsfall denen des Verantwortlichen (der Schufa) รผberwiegen

Fazit:

Negative Eintrรคge in Auskunfteien wie der Schufa fรผhren heutzutage sogar bei verhรคltnismรครŸig geringen Forderungsbeitrรคgen dazu, dass Betroffene Gefahr laufen, fรผr die Daseinsvorsorge notwendige Vertrรคge nicht mehr schlieรŸen zu kรถnnen.

Mit anderen Worten: Die meisten haben vor der Schufa Angst, dies scheint berechtigt zu sein.

V.i.S.d.P.:

Valentin Markus Schulte
Stud. Iur & Volkswirt

รœber den Autor:

Valentin Markus Schulte ist Student der Rechtswissenschaften und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte in Berlin. Des Weiteren studierte Valentin Schulte neben seinem Studium der Rechtswissenschaften Volkswirtschaftslehre / Economics und erlangte hier bereits einen Masterabschluss.

Die Kanzlei Dr. Schulte Rechtsanwรคlte ist seit 1995 erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmรครŸig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tรคtig. Sie vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergรคnzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf der Internetseite www.dr-schulte.de

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Dr. Thomas Schulte
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Die Bildrechte liegen bei dem Verfasser der Mitteilung.

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