Gerade fährt Harold Faltermeyer einen seiner größten Erfolge ein: «Top Gun: Maverick». In dem Kino-Knüller steht Tom Cruise vor der Kamera. Mit an Bord: die Musik des nahe München lebenden Produzenten, Komponisten und Musikers. Am 5. Oktober feiert Harold Faltermeyer seinen 70. Geburtstag. Vom Kürzertreten will er aber nichts wissen. Im Gegenteil.
«Ich stehe jeden Tag um fünf auf», sagt der dreifache Grammy-Gewinner der Deutschen Presse-Agentur. Das darf man ihm glauben, denn seine Tätigkeit als Soundtrack-Komponist ist nur eines seiner vielen Talente: Er braut sein eigenes Bier, stellt Weißwürste her, schreibt Theaterstücke, malt auf professionellem Niveau und spielt Golf. Dazu besitzt er eine Piloten-Lizenz. Wenn in seinem Anwesen Ausbauarbeiten anstehen, setzt er sich auch selbst in den Bagger. «Ich packe Dinge an. Herumsitzen und Zeit vergeuden, ist nicht mein Ding», sagt er.
«Beverly Hills Cop»-Soundtrack ist unsterblich
Dieses Anpacken ist typisch für das oberbayerische Multitalent. Ein Wesenszug, der ihm nicht nur weltweit beachtete Erfolge eingebracht hat, sondern – wie er meint – auch ein glückliches Leben. Glück lasse sich zu einem gewissen Teil erzwingen, sagt er: «Wer viel investiert, bekommt auch viel zurück.»
Seine internationale Karriere begann mit einer über mehrere Takte langen Synthesizer-Melodie: das unverkennbare Signet von «Axel F.» aus dem «Beverly Hills Cop»-Soundtrack. Kaum ein Tag, an dem man den Song aus dem Jahre 1984 nicht im Radio hören kann. Ein Musik-Klassiker – aber auch eine künstlerisch schwere Geburt: «Der Regisseur wollte etwas völlig Neues», erinnert sich Faltermeyer. «Wir haben alles Mögliche ausprobiert und herumexperimentiert, aber nichts konnte überzeugen.» Schon seien Stimmen im Team laut geworden, es mit einem Orchester zu versuchen. «Mir blieb nur die Flucht nach vorne, da flog mir diese verrückte Melodie zu.»
Den Grundstein für diesen Erfolg legten seine Eltern, Anneliese und Hugo Faltermeyer. Sie machten ihrem Sprössling mit sechs Jahren das Klavier schmackhaft – und schon bald bewies der Knirps im Umgang mit den weißen und schwarzen Tasten großes Talent. Er studierte Klavier und Trompete an der Münchner Musikhochschule, gleichzeitig gründete er mit dem späteren Sänger der Münchner Freiheit, Stefan Zauner, seine erste Band Melodic Sound.
Nach dem Studium arbeitete Faltermeyer für Hit-Lieferant Giorgio Moroder an diversen Alben (unter anderem «Hot Stuff» von Donna Summer) und an ersten Soundtracks («Midnight Express», «American Gigolo»). Ein weiterer Glücksfall, denn so wurde Hollywood-Produzent Jerry Bruckheimer («Beverly Hills Cop», «Top Gun») auf ihn aufmerksam und engagierte ihn für große Filmproduktionen.
Er ist auch als Maler aktiv
«Man steht im Leben immer wieder an Kreuzungen», sagt der bodenständig gebliebene Star. «Die richtige Abzweigung zu nehmen, ist die große Aufgabe.» Auch privat ist Faltermeyer nach eigener Aussage richtig abgebogen. Er ist mit einer Journalistin verheiratet. «Wir führen ein wunderschönes Leben und dazu eine Beziehung auf Augenhöhe», sagt er und fügt hinzu: «Sie ist sehr musik- und kunstaffin. Das passt perfekt.»
Mit seinen 70 Jahren reitet Harold Faltermeyer vielleicht gerade auf seiner höchsten Erfolgswelle: «Top Gun: Maverick» läuft, sein von ihm gemeinsam mit René Heinersdorff geschriebenes Theaterstück «Brauchen Sie ’ne Quittung?» (mit Anja Kruse und Ingolf Lück) erhält Top-Kritiken und als expressionistischer Maler ist er gerade dabei, ein weiteres Standbein zu etablieren. Seinen 70. Geburtstag will er in einer Münchner Galerie mit Freunden und Weggefährten feiern.
Und dennoch könnte es sein, dass er mit «Top Gun: Maverick» seine letzte Soundtrack-Arbeit veröffentlicht hat: «Ich spiele mit dem Gedanken, dass es jetzt vorbei ist.»