Versteckte Kameras filmten brutales Quälen von Schweinen
Ende 2020 veröffentlichte das Deutsche Tierschutzbüro Videomaterial aus vier Schweinemastanlagen, welche in den in den Ortschaften Ohne, Samern und Wietmarschen im Landkreis Grafschaft Bentheim (Niedersachsen) sowie Sustrum (Landkreis Emsland) liegen. In allen Fällen wurden Schweine unter katastrophalen Zuständen gehalten und kranke sowie verletzte Tiere nicht tierärztlich behandelt. Mit versteckter Kamera wurde zudem in allen Betrieben ein brutaler Umgang mit den Schweinen gefilmt sowie illegale Nottötungen. In einem Fall wurden Schweine mit einem Gewehr erschossen. „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ein Mensch in der Lage ist, Tiere so sehr zu quälen und zu misshandeln“, sagt Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro.
So wurde in dem Mastbetrieb in Samern ein Schwein, das schwerkrank war und dringend tierärztliche Hilfe benötigt hätte, einfach in den Zwischengang gelegt, ohne Zugang zu Wasser und Futter. Die versteckten Kameras dokumentierten tagelang, wie der Landwirt immer wieder an dem kranken Schwein vorbeiging oder sogar über das Tier stieg, weil es ihm im Weg lag. „Der Landwirt hat das Tier dort abgelegt, damit es jämmerlich stirbt. Ich will mir nicht vorstellen müssen, welche Höllenqualen es in seinem Todeskampf erleiden musste“, so Peifer. Erst nach mehreren Tagen ohne Wasser und Futter versuchte der Landwirt, das völlig abgemagerte und erschöpfte Tier mit einer sogenannten Nottötung zu erlösen. Dazu versuchte der Mäster, mit einem Bolzenschussgerät einen kleinen Bolzen in den Kopf des Tieres zu schießen, was jedoch nicht gelang. Auch der zweite Schuss hatte keinen Erfolg. Das Tier zeigte immer noch deutliche Anzeichen von Bewusstsein, was der Landwirt aber nicht mehr mitbekam, da er die Tür hinter sich schloss und das Tier wieder sich selbst überließ. „Eigentlich hätte nach dem Bolzenschuss der todbringende Kehlschnitt erfolgen müssen“, sagt Peifer. Bei der Mastanlage handelt es sich um einen kleinen, „regionalen“ Betrieb mit rund 1.000 Tieren, eher der „Bauer um die Ecke“. Laut Facebook-Seite des Landwirts ist dieser aktives Mitglied der Gruppierung „Landwirtschaft verbindet“ (LSV). Die Gruppierung demonstriert regelmäßig mit Traktoren für mehr Beachtung von Landwirt*innen und verurteilt nächtliche Stallkontrollen und Filmarbeiten von Tierrechtler*innen. „Kein Wunder, dass die Verantwortlichen solcher Mastbetriebe nicht wollen, dass in ihren Stallungen gefilmt wird, wenn dort solche Tierquälerei stattfindet“, so Peifer. Nachdem das Deutsche Tierschutzbüro Ende 2020 eine Strafanzeige erstattet hat, kam es Anfang des Jahres 2023 zum Erlass und schließlich zur Anerkennung des Strafbefehls über 170 Tagessätze zu je 55 Euro (zusammen 9.350 Euro). „Damit gilt der Landwirt als vorbestraft“, sagt Peifer. (AZ Staatsanwaltschaft Oldenburg 1106 Js 75807/20)
Auch ein Landwirt aus Wietmarschen gilt mittlerweile als vorbestraft. Hier wurde ein Strafbefehl über 120 Tagessätze zu 50 Euro (zusammen 6.000 Euro) gegen den Betreiber erlassen. Zusätzlich haben auch zwei Mitarbeitende Strafbefehle erhalten, welche die Personen anerkannt haben. Dabei geht es um 70 Tagessätze zu je 50 Euro (zusammen 3.500 Euro) sowie 55 Tagessätze zu je 50 Euro (zusammen 2.750 Euro) (AZ Staatsanwaltschaft Oldenburg 1102 Js 2458/21). In dem Betrieb wurden ebenfalls Ende 2020 dutzende Missstände mit Kameras gefilmt. So mussten die Tiere in einem völlig verdreckten Stall leben, immer wieder haben sie sich an den scharfkantigen Spaltenböden verletzt. Die entstanden Wunden wurden meist nicht behandelt. Der Hauptvorwurf war aber auch hier, dass kranke und verletzte Tiere illegal notgetötet wurden. So wurden die Schweine auf die Buchtenkante geschlagen. Dieses brutale Vorgehen ist aus gutem Grund verboten. Die Aufnahmen zeigen, dass die Tiere nach diesem Schlag jedoch immer noch bei Bewusstsein sind und jämmerlich (irgendwann) versterben. Noch nie zuvor wurden in Deutschland solch unsachgemäße und gesetzeswidrige Nottötungen bei Schweinen dieses Alters dokumentiert. „Die Bilder werde ich vermutlich niemals vergessen“, so Peifer. Die versteckten Kameras filmten dieses Vorgehen mehrfach, in einer Szene wirkte es sogar so, als würde der Landwirt seine Mitarbeitenden regelrecht anleiten. Doch damit nicht genug: Beim Sortieren und anschließenden Abtransport der Tiere zur Mastanlage werden die bereits ca. 20 Kilogramm schweren Jungschweine an ihren Ringelschwänzen hochgezogen. „Welche unglaublichen Schmerzen dies bei den Tieren auslösen muss, mag man sich nicht vorstellen“, so Peifer. Besonders absurd: Der Betrieb hat an der „Ringelschwanzprämie“ des Landes Niedersachsen mitgemacht und für jeden intakten Ringelschwanz fünf Euro erhalten. Eine Prämie, die im Übrigen komplett aus Steuergeldern finanziert wird. Aber auch in der zugehörigen Sauenhaltung wurden Missstände vorgefunden: So waren die Kastenstände an vielen Stellen zu klein. „Mittlerweile hat der Betreiber seine Tierhaltung aufgegeben, in den Stallungen werden Wohnwägen abgestellt“, so Peifer und sieht darin ein Erfolg.
Ein Tierquäler in der Ortschaft Ohne kam mit einer milderen Strafe davon. Dort wurde gegen den Betreiber ein Strafbefehl in Höhe von 5.600 Euro (80 Tagessätze zu je 70 Euro) erlassen (AZ Staatsanwaltschaft Oldenburg 1102 Js 7601 0/200). Auch gegen einen Mitarbeiter wurde ein Strafbefehl in der gleichen Höhe verhängt. „Zwar wurde in dem Fall auch ein Strafbefehl erlassen, aber angesichts der Misshandlungen der Tiere steht das aus meiner Sicht nicht im Verhältnis“, empört sich Peifer. Der Landwirt hatte in der Vergangenheit u. a. auch Tönnies in Sögel beliefert. Tönnies hat die Zusammenarbeit mittlerweile beendet. Auf den Videobildern sind auch hier viele Tiere zu sehen, denen nicht tierärztlich geholfen worden ist. So fiel den Tierrechtler*innen in den Aufnahmen vor allem ein Tier auf, das eine erhebliche, blutende und eitrige Verletzung hatte. „Es hing der halbe Darm aus dem Tier heraus, so etwas habe ich in der Form noch nie gesehen“, so Peifer. Die versteckten Kameras dokumentierten, dass neben diesem Tier auch noch drei weiteren schwerkranken Schweinen mindestens drei Tage lang nicht geholfen wurde. Am vierten Tag kam der behandelnde Tierarzt des Betriebs, begutachtete die kranken Schweine und ordnete eine sofortige Nottötung an. Diese erfolgte allerdings erst drei lange Tage später. Mit einem Gewehr versuchte der Landwirt dann die Tiere zu erschießen, was auch hier nicht gelang. Die Schweine liefen nach dem Schuss regelrecht durch den Stall und auch diesem Mäster ist es offenbar egal, denn er überlasst die Tiere sich selbst und geht einfach aus dem Stall. Irgendwann später sterben die Tiere qualvoll. „Wer Tiere vorsätzlich so sehr leiden lässt, der gehört eigentlich ins Gefängnis“, so Peifer. Dass dieses Vorgehen gesetzeswidrig ist, müsste der Landwirt eigentlich wissen, schließlich ist er im Hauptberuf für die Landwirtschaftskammer NRW tätig und hält u. a. Vorträge. Immerhin hat der Betreiber seinen Jagdschein verloren.
Erst letzte Woche wurden zwei Schweinemäster vom Amtsgericht Papenburg der Tierquälerei schuldig gesprochen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden Tierhalter Tiere leiden ließen und ihnen nicht geholfen hatte. Beide Gesellschafter einer GmbH aus Sustrum wurden zu je 85 Tagessätze zu 100 Euro (also 8.500 Euro) verurteilt. Zudem müssen sie die Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten bezahlen (Schätzungsweise rund 15.000 – 20.000 Euro). (AZ Staatsanwaltschaft Oldenburg 1103 Js 53242/2020).
„Grundsätzlich würden wir uns deutlich höhere Strafen wünschen“, sagt Peifer und ergänzt: „Allerdings sehen wir es als Erfolg an, dass es zumindest überhaupt zu Verurteilungen kommt, denn in vielen Fällen von Tierquälerei passiert einfach überhaupt nichts“.
Alle Strafbefehle sind durch die Schwerpunkt Staatsanwaltschaft in Oldenburg erlassen worden. „Zu dieser Staatsanwaltschaft gab es in der Vergangenheit sehr viel Kritik, doch offenbar hat es dort eine Veränderung gegeben, was wir sehr begrüßen“, so Peifer.
Die Tierrechtler*innen empfehlen den Menschen, Fleisch sowie andere tierische Produkte durch pflanzliche Alternativen auszutauschen, denn nur so kann die Tierquälerei endlich nachhaltig beendet werden. „Wichtig ist mir zu sagen, dass kein Tier freiwillig in einen Schlachthof geht, denn Tiere wollen leben und nicht in einem Schlachthof getötet werden“, so Peifer abschließend.
Bildmaterial aus den Mastbetrieben auf Anfrage.
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