Um das LkSG und EU-Lieferkettengesetz einzuhalten, sollten Unternehmen ihre Digitalisierungs- und Automatisierungsbestrebungen entlang der Liefer- und Wertschรถpfungskette vorantreiben.
Viele Unternehmen setzen private Standards bislang als zentrales Instrument ein, um ihrer Verantwortung fรผr Menschenrechte und Umwelt bei der Rohstoffgewinnung nachzukommen. Eine aktuelle Studie der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch zeigt aber, dass sich diese Industriestandards nicht dafรผr eignen, die Anforderungen einschlรคgiger Menschenrechts- und Umweltstandards wirksam umzusetzen. Besonders frappierend seien die Ergebnisse im Bereich der Transparenz. Laut Germanwatch stellt kaum ein Standard ausreichend Informationen fรผr Unternehmen bereit, damit diese ihren Sorgfaltspflichten nachkommen kรถnnen. Ein Teil scheint nicht einmal zu รผberprรผfen, ob die gestellten Anforderungen tatsรคchlich umgesetzt werden. Es besteht die Gefahr, dass Scheinlรถsungen das EU-Lieferkettengesetz unterminieren.
Um die Arbeitsbedingungen seiner Lieferanten zu kennen und regelmรครig prรผfen zu kรถnnen, muss man sie alle im Blick haben. Und das gelingt am besten, in dem Unternehmen alle Prozesse entlang der Liefer- und Wertschรถpfungskette digitalisieren. So kรถnnen sie die Lieferkettengesetze aus Deutschland, der EU und der Schweiz effektiv umsetzen. Anfang 2023 tritt das Deutsches Lieferkettengesetz bzw. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) fรผr Unternehmen mit รผber 3.000 Mitarbeitern in Kraft. Fรผr Unternehmen, die nicht ausreichend vorbereitet sind, drohen rechtlicher und finanzieller Konsequenzen sowie Reputationsschรคden und Haftung. Zudem will die deutsche Regierung das von der EU-Kommission vorgeschlagene Lieferkettengesetz unterstรผtzen. Dieses geht รผber das deutsche Gesetz hinaus und sieht zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt strengere Regeln fรผr Unternehmen und deren Lieferanten vor. Es steht viel auf dem Spiel und Unternehmen sollten sich mit der richtigen IT und Prozessen wappnen, um gut fรผr die neuen Anforderungen gerรผstet zu sein.
B2B-Marktplรคtze: Ein vernetztes รkosystem
„Was Transparenz, Konnektivitรคt, Flexibilitรคt und sogar Daten angeht, haben Unternehmen in ihren Lieferketten einiges aufzuholen. Das Beschaffungswesen muss sich weiter entwickeln: weg von fragilen, individuellen Geschรคftsbeziehungen hin zu organischeren, dynamischeren und widerstandsfรคhigeren Netzwerken. Das beste Beispiel fรผr diese neuen Netzwerke sind B2B-Marktplรคtze, die globale Kรคufer und Lieferanten zu einem ganzheitlichen รkosystem vernetzen,“ so Mikkel Hippe Brun, Mitgrรผnder und General Manager Payment Automation bei Tradeshift.
Laut KPMG ist umfassende Transparenz eine wichtige Voraussetzung, um die ESG-Kriterien erfรผllen zu kรถnnen. Unternehmen benรถtigen einen vollstรคndigen รberblick รผber ihre gesamte Lieferkette. Das schlieรt alle an der Wertschรถpfung beteiligten Lieferanten mit ein. Auch hinsichtlich der Frage, ob diese alle Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Vor allem fรผr global agierende Unternehmen sind die Herausforderungen aufgrund von komplexen Produktionsbedingungen und weltweit verzahnten รถkonomischen Aktivitรคten hoch.
Eine gute B2B-Marktplatzplattform sollte Einkรคufern echte Transparenz und wettbewerbsfรคhige Angebote bieten, wรคhrend sie Lieferanten eine breite Interessentenbasis zu niedrigen Kundenakquisitionskosten zur Verfรผgung stellt. Eine effizientere, widerstandsfรคhigere und flexiblere Lieferkette wird nur mรถglich, wenn alle Beteiligten – vom Lieferanten bis zum Spediteur, von den Banken bis zu den Kรคufern – in demselben digitalen Netzwerk verbunden sind. In diesem Netzwerk kรถnnen Unternehmen ihren eigenen Marktplatz einzurichten, vertrauenswรผrdige Geschรคftspartner einladen und die Vorteile eines branchenspezifischen Gruppeneinkaufs zu nutzen oder eine neue, vertikal integrierte Lieferkette schaffen.
Das falsche Signal: Rรผckzug aus Entwicklungs- und Schwellenlรคndern
Laut einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) wollen 18 Prozent der vom IW befragten Unternehmen nur noch Vorprodukte aus Lรคndern beziehen, die ausreichend auf die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltschutzstandards achten. Etwa zwรถlf Prozent der Unternehmen planen, sich aus Lรคndern mit schwachen Governance-Strukturen zurรผckzuziehen – davon wรคren vor allem Entwicklungs- und Schwellenlรคnder betroffen. Ziehen sich Unternehmen aufgrund der hohen Kosten durch die Einfรผhrung einer Lieferkettenkontrolle aus Schwellen- und Entwicklungslรคndern mit schwacher Gesetzeskontrolle zurรผck, hรคtte dies verheerende Folgen fรผr die dort von ihnen geschaffenen Arbeitsplรคtze, die etablierten Produktionsstandards sowie das bereits investierte Kapital.
Global agierende B2B-Marktplรคtze beschleunigen die Beschaffung, indem sie Zugang zu einer groรen Auswahl an Produkten, Anbietern und Preisen bieten, die digital mit dem Einkรคufer und Lieferanten aus aller Welt verbunden sind. Sie verbessern die Prozesseffizienz dank einer gemeinsam genutzten, standardisierten Infrastruktur, die schnelle, prรคzise und zunehmend automatisierte Transaktionen in groรem Umfang auf Cloud-nativen Plattformen ermรถglicht. Sie reduzieren das Risiko und erhรถhen die Transparenz, indem sie jeden Teilnehmer vorab prรผfen, um sicherzustellen, dass er die erforderlichen Produktstandards und digitalen Prozesse erfรผllt. Und sie bringen die Transparenz, die Unternehmen heute noch fehlt, um auch mit Lieferanten aus Entwicklungs- und Schwellenlรคndern weiterhin gesetzeskonform zusammenzuarbeiten.
Quellennachweis:
– https://www.tagesschau.de/inland/lieferkettengesetz-koalition-einigung-101.html
– https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/galina-kolev-adriana-neligan-jedes-fuenfte-unternehmen-will-preise-erhoehen.html
– https://www.germanwatch.org/de/87358
– https://home.kpmg/de/de/home/themen/2021/06/lieferkettengesetz-fallstricke-und-handlungsempfehlungen.html
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