Freitag, 19 April 2024
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Sie sind kein Hypochonder: Forscher haben Typ-2 des H63D-Syndroms vorgestellt

(openPR) Es geht Ihnen nicht gut, aber man redet Ihnen ein, es sei “nur“ psychosomatisch? Vorsicht! Das International H63D Syndrome Research Consortium um den japanischen Biologen Riku Honda hat nach Jahren der Forschung erstmals das H63D-Syndrom Typ 2 (kurz: H63D-S-Typ-2) beschrieben. Das H63D-Syndrom vom Typ-1 ist schon länger bekannt, inzwischen recht gut erforscht und eine schwere Erkrankung, die durch eine Störung des NTBI-Eisen-Stoffwechsels ein schweres und unheilbares Krankheitsbild verursacht. 

Dass noch ein weiterer, leichter verlaufender, dafür aber umso schwieriger zu fassender Phänotyp des H63D-Syndroms existiert, wurde schon lange vermutet und nunmehr in einem vorläufigen akademischen Paper der Öffentlichkeit vorgestellt. Hinter der HFE H63D Forschergruppe stehen weder die Pharmaindustrie noch sonstige Profiteure. 

Doch was ist nun das H63D-Syndrom Typ-2?

Die klinischen Merkmale des H63D-Syndroms Typ-2 sind variabel und können mehrere Organe betreffen, darunter Leber, Herz, Gehirn, Darm, Bauchspeicheldrüse und das endokrine System. Patienten mit dem H63D-Syndrom Typ-2 können Symptome wie Müdigkeit, Unterleibsprobleme, psychische Probleme, Gelenkschmerzen, Hautverfärbungen, Gehirnnebel, Unfruchtbarkeit, Herzversagen, Diabetes und vieles mehr aufweisen. In einigen Fällen kann es nach vielen Jahren, in denen die Krankheit unbehandelt bleibt, zu Organschäden kommen.

Ursache ist ausnahmslos eine homozygote Mutation im HFE-Gen H63D. Heißt: wer keine homozygote Mutation des HFE Gens H63D hat, kann diese neu entdeckte Erkrankung nicht haben. Allerdings sind Mutationen des HFE H63D Gens in der Allgemeinbevölkerung nicht selten und nicht jeder Träger des defekten Gens erkrankt. Es gibt also keinen Grund zur Panik.

Rat und Hinweise, wo es in Deutschland Experten gibt

Das H63D Mutation Research Consortium ist eine non-profit Entität, die Betroffenen auch auf Deutsch allgemeine Informationen erteilt und komplett unabhängige deutsche Mediziner im Register hat, an die sich Erkrankte wenden können.

Was geschieht im Körper?

H63D-S-Typ-2 ist gekennzeichnet durch diffuse Organschäden und Stoffwechselstörungen aufgrund oxidativer Entzündungskaskaden, die durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS) aufrechterhalten werden. Obwohl man annimmt, dass Eisen, insbesondere nicht-transferingebundenes Eisen (NTBI), bei der Pathogenese der Krankheit eine Rolle spielt, unterscheidet sich das H63D-Syndrom Typ-2 von dem viel gefährlicheren H63D-Syndrom Typ-1, ganz zu schweigen von der Hämochromatose. Beim Typ-2 stehen das Nervensystem und das endokrine System aufgrund gestörter Signalkaskaden im Mittelpunkt. Das HFE-Gen befindet sich auf Chromosom 6 und kodiert ein Protein, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Eisenstoffwechsels spielt.

Nicht jeder mit einer H63D Mutation wird krank!

Beim H63D-Syndrom Typ-2 liegt eine homozygote H63D-Mutation vor, die nach einem ’second hit’ (auslösendem Stressor) zu einer Fehlfunktion der HPA- und anderer Stressachsen führen kann, die miteinander verbunden sind und die meisten Organe autonom steuern. Arbeiten diese Regelkreise nicht mehr normal, können chronische Entzündungen und Gewebeschäden im ganzen Körper entstehen, die so subtil sind, dass sie von den meisten regulären Tests (im Labor sowie in der Bildgebung) fast nie erkannt werden – bis es zu spät ist, um den Entzündungszustand zu stoppen, der sich in winzige Narben verwandeln kann, welche die ordnungsgemäßen Abläufe der betroffenen Organe beeinträchtigen können.

Dr. Rocha betont die Bedeutung von Mikroentzündungen

„Die Tatsache, dass sie so subtil sind, ist der Hauptgrund dafür, dass Ärzte diese Mikroentzündungen übersehen und ihre Patienten zu Hypochondern erklären“, warnt Dr. Fabio Rocha vom Forschungsteam. „Wir haben gesehen, dass der labile Eisenpool im Fall von H63D-S-Typ2 die Produktion von ROS katalysiert, was zu überraschend starken oxidativen Schäden und Entzündungen in Zellen und Geweben führt. Dies ist aufgrund seiner Komplexität wirklich beeindruckend“.

Aber das ist noch nicht alles: Im Gegensatz zum H63D-Syndrom Typ-1 kann Typ-2 auch im höheren Erwachsenenalter neu auftreten. „Wir wissen noch nicht, warum dies der Fall ist, aber wir arbeiten hart daran, auch auf diese Frage Antworten zu finden“, zeigen sich Dr. Rocha und der japanische Biologe Riku Honda optimistisch.

Die Diagnose des H63D-Syndroms Typ 2 basiert auf klinischen Merkmalen, Gentests, Labortests und dem Ausschluss aller Differentialdiagnosen, nachdem bei einem Gentest eine homozygote Mutation im HFE-Gen H63D festgestellt wurde. Aus diesem Grund kann der Diagnoseprozess in den meisten Fällen einige Zeit in Anspruch nehmen.

Wenn eine Person eine heterozygote HFE-Gen-H63D-Mutation oder gar keine hat, ist das H63D-Syndrom für beide Typen ohnehin vom Tisch. Daher ist eine frühzeitige genetische Untersuchung äußerst wichtig.

Klassische Laborwerte führen kaum zur Diagnose

Standard-Labortests können einige Anomalien aufzeigen, aber es gibt kein typisches Standardmuster, wie es vom H63D-Syndrom Typ-1 (klassisches H63D-Syndrom) bekannt ist. Daher ist die genetische Untersuchung auf Mutationen in den drei wichtigsten HFE-Genen ein Muss, bevor ein teurer und nervenaufreibender diagnostischer Prozess zur Erkennung des H63D-Syndroms Typ-2 eingeleitet wird.

Die Behandlung des H63D-Syndroms Typ-2 konzentriert sich auf die Reduzierung von oxidativem Stress und Entzündungen im Gewebe. In leichten Fällen können natürliche Antioxidantien helfen, in mittelschweren und schweren Fällen kann ein Facharzt für Endokrinologe eine entzündungshemmende Behandlung einleiten (z. B. mit niedrig dosiertem Kortison). Eine Selbsttherapie kann dagegen sehr gefährlich werden und muss unter allen Umständen vermieden werden. „Wir sprechen hier von einer schweren Krankheit, die in die Hände von top ausgebildeten Medizinern gehört“, warnt Dr. Rocha vor jeder Art von Selbstbehandlung.

Die Behandlung von Organschäden kann spezifische Behandlungsstrategien erfordern, die von Fachleuten durchgeführt werden, die aufgeschlossen sind und bereit sind, auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu nutzen, um ihren Patienten zu helfen.

Das H63D-Konsortium ist eine unabhängige, internationale und nicht gewinnorientierte Organisation.

 

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