Personalexperte Matthias Clesle sieht Personalabteilungen nicht hinreichend ausgestattet und wertgeschรคtzt
Der Mangel an Fach- und Fรผhrungskrรคften ist fรผr deutsche Unternehmen derzeit das grรถรte Geschรคftsrisiko und verursacht Kosten in Milliardenhรถhe. Aktuelle Studien gehen von 86 Milliarden Euro im Jahr aus, die Unternehmen wegen fehlenden Personals entstehen. Dennoch haben viele Firmen einen wichtigen strategischen Hebel noch nicht umgelegt, sagt Matthias Clesle, der Groรunternehmen in der Personalentwicklung berรคt. Das grรถรte Handlungspotenzial sieht der Experte in den Personalabteilungen, die von Grund auf neu zu bewerten seien. Oft seien die Verantwortlichen unterbezahlt, vielerorts fehle es zudem an Wertschรคtzung und Handlungsspielraum.
„Der Fachkrรคftemangel erfordert ein Umdenken“, sagt Clesle. Laut Institut fรผr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) blieben allein im dritten Quartal 2022 1,82 Millionen Stellen unbesetzt. Der Arbeitsmarkt sei in vielen Branchen mittlerweile so leergefegt, dass Personalabteilungen mehr denn je zum Schlรผsselfaktor fรผr den Unternehmenserfolg geworden sind. Ist der Geschรคftsbereich gut aufgestellt, werden hier die wenigen am Markt verfรผgbaren Fachkrรคfte gewonnen, die fรผr das Wachstum eines Unternehmens unerlรคsslich sind. Doch es ist lรคngst mehr als das: „Immer hรคufiger hรคngt von den Personalverantwortlichen die รberlebensfรคhigkeit eines Betriebes ab“, betont der Experte. Nur wenn die HR-Abteilung es schafft, den Personalbestand konstant zu halten und die bestehenden Mitarbeitenden weiterzuentwickeln, sehen sich Unternehmen รผberhaupt noch in der Lage, ihre Auftrรคge abzuarbeiten.
Personaler meist unterbezahlt
Paradoxerweise spiegelt sich die groรe Bedeutung, die der Geschรคftsbereich angesichts der aktuellen Krise einnimmt, in vielen Unternehmen nicht wider. Das zeigt bereits ein Blick auf die Gehaltsstruktur. So verdient in Deutschland der Groรteil der Fรผhrungskrรคfte im HR-Bereich circa 15 bis 25 Prozent weniger als vergleichbar qualifizierte Mitarbeitende im Vertrieb. Auch bei den Einstiegsgehรคltern ist eine deutliche Diskrepanz zu erkennen. Vergleicht man etwa das Gehalt von Personalsachbearbeitenden mit dem von Mitarbeitenden im IT-Bereich, liegt dieses teils um รผber 25 Prozent darunter.
Verschenktes Potenzial
Ein Ungleichgewicht, das dazu beitrรคgt, dass Motivation und Performance im Human Ressource Management nicht selten weit unter dem Mรถglichen bleiben, sagt Clesle, der sich seit rund 20 Jahren intensiv mit dem Thema Personalentwicklung beschรคftigt. Doch es ist nicht allein die Bezahlung, die falsche Anreize setzt. Viel entscheidender sei, dass der Personalabteilung in vielen Unternehmen nicht das strategische Gewicht eingerรคumt wird, das ihr zukommen mรผsste: Oft verbringen hochqualifizierte HRler ihre Arbeitszeit mit dem Abarbeiten einfacher Vorgรคnge, wie zum Beispiel der Seminarorganisation oder dem Verรถffentlichen von Stellenanzeigen. Wirkliche Verรคnderungen treiben sie im Unternehmen so selten voran und ihre Stรคrken und Talente bleiben ungenutzt – fรผr Clesle ein Paradebeispiel fรผr verschenktes Potenzial.
Paradigmenwechsel notwendig
Um ihre รberlebensfรคhigkeit zu sichern, rรคt der Experte Unternehmen dringend dazu, umzudenken und den Personalbereich konsequent aufzuwerten. „Es geht um einen Paradigmenwechsel“, sagt der Personalentwickler. Der Abteilung mรผsse konsequent der Stellenwert eingerรคumt werden, den sie als strategischer Problemlรถser de facto einnimmt. So haben HRler Clesles Erfahrung nach nicht nur ein gutes Gespรผr fรผr die Probleme und Sorgen im Unternehmen, sondern auch die Kompetenz, diese zu lรถsen. Statt hรคnderingend nach Fachkrรคften zu suchen, sind sie beispielsweise in der Lage, die vorhandene Belegschaft gezielt weiterzuentwickeln und Demotivationen in der Belegschaft zu eliminieren. So werde das Fachkrรคfteproblem zu groรen Teilen entschรคrft.
Umdenken auf beiden Seiten
Um das Potenzial im HR-Bereich zu heben, ist allerdings ein Umdenken auf beiden Seiten erforderlich. Die Geschรคftsfรผhrung ist dazu aufgerufen, die Personalabteilung mit mehr Gestaltungsspielraum und vor allem mehr Ressourcen auszustatten, damit sie ihre Aufgaben im Unternehmen ergebnisorientiert bewerkstelligen kann. Gleichzeitig sollten auch Personaler die neue Rolle des Problemlรถsers aktiv einfordern und durch sichtbare Ergebnisse selbst zur Aufwertung ihres Stellenwerts beitragen. So gelingt, was viele Unternehmen derzeit erhoffen: sich auf dem stark umkรคmpften Arbeitsmarkt den entscheidenden strategischen Vorsprung zu sichern.
Matthias Clesle arbeitet seit rund 20 Jahren in der Personalentwicklung als Berater, Trainer und Speaker. Im Auftrag namhafter Konzerne und vieler mittelstรคndischer Unternehmen lรถst er Probleme rund um die Fรถrderung und Weiterbildung von Mitarbeitenden. Seine praxisbezogenen Tools wurden in zahlreichen Unternehmen bereits umgesetzt. Sie basieren auf seiner jahrelanger Erfahrung als Leiter in der Personalentwicklung und schaffen nachhaltige messbare Ergebnisse, fรผr die sich Clesle per Garantie verbรผrgt. Er gehรถrt zu den TOP 100 Trainern und arbeitet an mehreren Hochschulen als Dozent.
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