Mittwoch, 18 Dezember 2024
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US Supreme Court: bedeutende Entscheidung zur Meinungsfreiheit im Internet erwartet

Reputationsrecht: Der Oberste Gerichtshof in den USA fรคllt wichtige Entscheidungen รผber Meinungsfreiheit im Internet, von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin

GroรŸe soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Instagram stรผtzen sich seit langem auf zwei wichtige Regeln, die auch in Deutschland im Grunde gelten:

Die erste besagt, dass die Plattformen frei von staatlicher Kontrolle sind und selbst entscheiden kรถnnen, welche Inhalte sie online lassen und welche sie lรถschen.
Die zweite ist, dass die Websites rechtlich nicht fรผr das verantwortlich gemacht werden kรถnnen, was ihre Nutzer online stellen.

Dies schรผtzt die Unternehmen vor Klagen wegen verleumderischer ร„uรŸerungen, extremistischer Inhalte und Schรคden in der realen Welt, die mit ihren Plattformen in Verbindung gebracht werden kรถnnen. Die deutschen Regeln – zumeist durch die Urteile entwickelt – sind รคhnlich, wenn stรคrker abgewogen. Verantwortlich ist zuerst der eigentlich Handelnde und nur im Hintergrund und fรผr den Notfall die Plattformen (sogenannte Stรถrerhaftung der Host-Provider).

Nun bereitet sich der Oberste Gerichtshof in den USA darauf vor, diese Regeln erneut zu prรผfen. Dies kรถnnte die grรถรŸte ร„nderung der Regeln fรผr Online-SprachรคuรŸerungen seit den 1990er Jahren sein, als US-Behรถrden und Gerichte beschlossen, das Internet kaum zu regulieren.

Dem obersten Gericht in den USA liegen jetzt bundesstaatliche Regelungen vor, die Internetriesen doch in die Haftung nehmen kรถnnten.

Die Fรคlle kรถnnten den „unbรผrokratischen“ rechtlichen Ansatz der Vereinigten Staaten in Bezug auf Online-Reden รคndern, was den Unternehmen TikTok, Twitter, Snap und Meta, dem Unternehmen, dem Facebook und Instagram gehรถren, schaden kรถnnte.

Daphne Keller, eine ehemalige Google-Anwรคltin sagte laut New York Times, die jetzt ein Programm am Cyber Policy Center der Stanford University leitet, sagte: „Dies ist ein Moment, in dem sich alles รคndern kรถnnte.“

Hassreden in der Anonymitรคt des Internets verstรถren

Die Fรคlle sind Teil eines weltweit wachsenden Kampfes รผber den Umgang mit schรคdlichen Online-Reden. In den letzten Jahren, als Facebook und andere Websites Milliarden von Nutzern gewannen und zu wichtigen Kommunikationsmitteln wurden, wurde ihre Macht genauer unter die Lupe genommen. Man fragte sich, ob soziale Netzwerke unbeabsichtigte Auswirkungen auf Dinge wie Wahlen, Vรถlkermorde, Kriege und politische Debatten haben kรถnnten.

In einigen Teilen der Welt haben die Gesetzgeber MaรŸnahmen ergriffen, um die Macht dieser Plattformen รผber die ร„uรŸerungen der Menschen zu begrenzen. Deutschland hatte mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz reagiert und zumindest Teilregelungen des Internets erlassen. Die Europรคische Union arbeitet an einer Gesamtregelung, die europaweit gelten soll.

Die USA geben sich traditionell lockerer

In den Vereinigten Staaten, wo der erste Verfassungszusatz die Meinungsfreiheit schรผtzt, gibt es weniger Gesetze. In den letzten drei Jahren haben die Gesetzgeber in Washington, D.C. den Vorstandsvorsitzenden der groรŸen Technologieunternehmen viele Fragen zu den Inhalten gestellt, die sie lรถschen. Vorschlรคge zur Regulierung schรคdlicher Inhalte wurden jedoch nicht umgesetzt.

Manche werfen in den USA den Tech-Giganten vor, einen Freifahrtschein zu haben.

Krasser Fall der Fehldarstellung bei Youtube fรผhrt zu einem Umdenken?

Aber am 21. Februar 2023 wird das oberste Gericht den Fall Gonzalez gegen Google verhandeln. Diese Klage wurde von der Familie eines Amerikaners eingereicht, der in Paris bei einem Anschlag von Anhรคngern des Islamischen Staates getรถtet wurde. In ihrer Klage erklรคrte die Familie, dass der rechtliche Freifahrtschein doch YouTube nicht vor der Behauptung schรผtzen sollte, es unterstรผtze den Terrorismus, indem es Nutzern Videos des Islamischen Staates zeigt. In der Klage heiรŸt es, dass Empfehlungen als eine eigene Art von Inhalten angesehen werden kรถnnen.

Fazit und Tipps

Die weitere Rechtsentwicklung in den USA wird zeigen, ob und wie die Regulierung des Internets vorankommt. Sinnvoll ist aus Sicht des Autors ein Perspektivwechsel in Richtung der Opfersicht: Die Giganten wollen nicht fรผr den Inhalt haften, sondern mit dem Inhalt – Beispiel Youtube – Geld verdienen. Opfer von Fehldarstellungen mรผssen sich aber effektiv wehren kรถnnen. Alles andere ist eines Rechtsstaats unwรผrdig, sei es nun in den USA oder in Europa.

V.i.S.d.P.:

Dr. Thomas Schulte
Rechtsanwalt

Die Kanzlei Dr. Schulte Rechtsanwรคlte ist seit 1995 erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmรครŸig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tรคtig. Sie vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergรคnzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf der Internetseite www.dr-schulte.de

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Dr. Thomas Schulte
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