Nur massive Investition in Talente bringt Firmen durch die Poly-Krise – von Dr. Johanna Dahm und Marcus Braukmann
Die Wirtschaft beklagt den Fachkrรคftemangel. Deutsche Fachkrรคfte selbst halten sich fรผr unersetzlich. Und dazwischen entsteht eine Industrie rund um Digitale Transformation, Kรผnstliche Intelligenz, Automatisierung. Wie wird sich der Kampf um Arbeit in der Wirtschaft 4.0 entwickeln? Zรคhlt Executive Search zu den Gewinnern oder Verlieren? Ein kritischer Blick auf den Handel mit dem Menschen.
(Frankfurt/London, 05.04.2023) โArbeitgeber mรผssen gerade jetzt auf Transparenz und Fairness von Arbeit und Arbeitsprozessen achten. Gerade in Zeiten der Ungewissheit ist ein nachhaltiger Job DIE Quelle der Sicherheit, der finanziellen Stabilitรคt und zuvorderst des Gemeinschaftsgefรผhls fรผr die Bevรถlkerungโ. Dr. Johanna Dahm, Organisationsentwicklerin mit Sitz in Frankfurt hat es seit mehr als 2 Jahrzehnten mit internationalen Unternehmen in Krisen zu tun. In der aktuellen Situation sieht sie fรผr Deutschland besondere Aufgaben: โDas WEF (WorldEconomicForum) hat eine globale Umfrage durchgefรผhrt. Weltweit haben 61% der Arbeitnehmer:innen Angst, dass ihr Gehalt nicht ausreicht, um mit der Inflation fertig zu werden. In Deutschland allerdings sind sich die Menschen ihrer Position allzu sicher, gerade mal 39% machen sich Gedanken รผber die Notwendigkeit des Upskillings oder gar einer Umschulungโ, so die Beraterin und Entscheidungsexpertin.
Seit langem kรคmpft sie dafรผr, dass Organisationen in den Arbeitsmarkt sowie ihre eigenen Talente investieren: Es gรคbe unzรคhlige Bildungsmรถglichkeiten und die Zusammenarbeit mit politischen, akademischen Entscheidungstrรคgern und Anbietern des freien Marktes, um eine nachhaltigere und widerstandsfรคhigere Arbeitswelt zu schaffen, so Dahm.
Zusammen mit einem ihrer engsten Kooperationspartner, Marcus Braukmann beobachtet sie die volatilen Marktentwicklungen und bespricht diese regelmรครig mit gemeinsamen Kunden. Braukmann hat sein eigenes Executive Search Unternehmen in London und unterstรผtzt internationale Unternehmen bei der Kandidatensuche und Placements fรผr Positionen im Top-Management. Die beiden Berater vereint ihre Expertise in der Life Science- und Chemieindustrie, FMCG (Konsumgรผter Industrie), Automotive und Technologie.
Dr. Johanna Dahm: Deutsche Personalwirtschaft durch โdrei gespaltene Lagerโ entschleunigt
Dahm und Braukmann sind besorgt รผber die drei Lager, die sich gerade bilden: โauf der einen Seite der immer noch zu blauรคugige Mitarbeitende, der nach Ausbildung oder Studium glaubt, im Job sicher zu sein. Auf der anderen das Unternehmen, das sich mit Verรคnderung und Technologie, vor allem aber mit Geschwindigkeit von Entscheidungen noch immer zu schwertut und allenfalls vakante Positionen besetzen mรถchte. Und dazwischen eine Explosion von Anbietern, die die Probleme beider Seiten erkannt haben, aber als Stand-Alone-Lรถsungen im Vakuum nicht wirklich landen kรถnnenโ, so Braukmann, der in Groรbritannien auf einen sehr viel schnelleren und entwickelteren HR-Markt blickt.
โDie Kunst liegt doch darin, diese drei Lager wie Instrumente in einem Orchester zusammen zu bringen. Gelingt dir das, dominierst du den Markt und bist Top Employer, also beliebtester Arbeitgeberโ, fรผgt Johanna Dahm an, die bei Accenture und Novartis jeweils zum Management solcher Top Employer gehรถrte. โIn solchen Organisationen wartet man nicht ab, bis die beste Technologie, die besten Kandidat:innen am Markt identifiziert und damit wรคhrend des Suchens viele Chancen verspielt sind. Maxime ist vielmehr, mit den sich stรคndig รคndernden Anforderungen und Technologien Schritt zu halten. Fรผhrungskrรคfte begeistern sich und andere dafรผr, mit dem vorhandenen Wissen immer wieder neue Fรคhigkeiten zu erlernen und alte Fรคhigkeiten notfalls auch zu vergessen, um erfolgreich zu sein. Und solche Leute mรผssen wir finden, binden und haltenโ, so Dahm weiter.
Executive Search โ also nicht von der Disruption betroffen?
3 neue Dimensionen eines alten Berufes
Unternehmen wissen รผber den Wandel Bescheid, kรถnnen aber alte Strukturen nicht so schnell auflรถsen und hinterfragen neue Technologien zu lang. Darin liegt die Chance fรผr die Rolle des Personalberaters. Change auf personeller und struktureller Ebene bringt Organisations-Verรคnderungen mit sich, und das bedeutet geรคnderte Ansprรผche und oft sogar Unruhe. Wer soll diese moderieren?
1. Der Searcher wird zum Moderator
War es Aufgabe des (Executive) Searchers, wird die digitale Transformation in der Personalberatung eine radikale Umbruchsphase bringen: Maschinen รผbernehmen die Arbeit des Searchers, um die Suche nach Fach- und Fรผhrungskrรคften voranzutreiben, wahrscheinlich mit ganz anderen Mรถglichkeiten, Kandidaten zu suchen und zu finden
Ist der Searcher damit รผberflรผssig? Klares NEIN, aber seine Rolle รคndert und spezialisiert sich! Technologien betreffen Suche und auch Vor-Auswahl, die um digitaler Programme bereichert wird – die abschlieรende Entscheidung wird und will immer der Mensch fรคllen. Zudem wollen die Kandidat:innen begleitet werden:
ร Laufbahnplanung: auf digitalisierte Weise bestehen mehr Mรถglichkeiten, den beruflichen Weg zu gestalten.
ร Anwendung und Umsetzung: Personalberater werden sich darum kรผmmern, dass sie die technologischen Anforderungen der digitalen Transformation erfรผllen kรถnnen: Indem sie Know-how aufbauen und mit anderen kooperieren und zum Ziel kommen
2. Big Data beeinflusst das Matching
Kรผnstliche Intelligenz im Sinne der Datennutzung durch intelligente Systeme โ neuronale Netze โ wird das Matching entscheidend verbessern, indem die Person eine:r Bewerber:in tiefer erfasst werden kann. Gleiches gilt aus umgekehrter Perspektive: die Kultur eines Unternehmens wird durchdrungen, wer dort arbeitet, was den Betrieb ausmacht. Das beschleunigt und verรคndert die Vorauswahl:
ร Vorhersagen zur Passung erledigt die Kรผnstliche Intelligenz
ร Finale Auswahl รผbernehmen Personaler:in und Vorgesetzte:r
3. Schnelligkeit ist Qualitรคtskriterium
Bislang zeichnet Schnelligkeit Rekrutierungsprozesse nicht gerade aus, und Kandidat:innen beklagen die zu sich zu lange hinziehende โtime to hireโ. Die Automatisierung wird qua Softwarelรถsungen nach bestimmten, vorher definierten Kriterien Datenbanken durchforsten und sehr schnell geeignete Kandidaten herausfiltern – unabhรคngig von der Grรถsse des Kandidatenpools
ร die Search Basisarbeit erledigt die Maschine
ร Kontakt mit passenden Kandidat:innen รผbernehmen Headhunter und Personalberater
Auch die Personalberater:innen dรผrfen dazulernen, v.a. um eine fundierte schnelle Entscheidung zu treffen. Das wird in Zukunft die Qualitรคt eines Personalberaters ausmachen.
Disruption nein, รnderung in Rolle und Verantwortung ja.
โDisruption im Sinne des Verschwindens sehe ich erst einmal nicht in der Personalberatungโ, so Braukmann. โAber wie in jeder Evolution: wir mรผssen an Geschwindigkeit zulegen. Das betrifft die Kandidatensuche und den Bereich Kandidatenauswahl. Personalberater mรผssen die technischen und soziologischen Entwicklungen genau im Auge behalten. Die spannende Frage ist, wie schnell Entscheidungsprozesse digital werden.โ Johanna Dahm mahnt auch an, dass sich interne Strukturen nur unter Druck verรคndern, dann kommen beschwerliche Hรผrden wie das neue europรคische Datenschutz-Gesetz dazu. Ebenso wie Braukmann weiร sie, dass Markt und Zielgruppen auch binnen eines Landes sehr verschieden sind: โDie Konzernniederlassung in Rhein-Main funktioniert ganz anders als die Boutique in Hamburg und noch mal anders als der Hidden Champion in der Eifel. Mit Verhรคltnissen in London der den USA nicht zu vergleichen. Und bald haben wir รผberall Fรผhrungskrรคfte mit multikulturellem Hintergrund, die eins gemeinsam haben: sie sind digital aufgewachsen. Wรคhrend wir uns noch immer รผber die Anzahl Frauen auf der Shortlist Gedanken machenโ, so Johanna Dahm und betont: โEs gilt jetzt auf Unternehmensseite aufzuwachen, auf Seiten der Dienstleister anschlussfรคhig zu bleiben, um marktfรคhige Entscheidungen vorzubereiten. Andernfalls sehe ich fรผr den Wirtschaftsstandort Deutschland nichts Gutesโ.
89 % der Unternehmen in Personal- und Verรคnderungsprozessen zu langsam
Marcus Braukmann setzt alles daran, relevante HR- und Organisationsentscheidungen mit beeinflussen und zu langfristigem Wachstum und Transparenz beizutragen. โ89 % der Fรผhrungskrรคfte weltweit sagen offen, dass ihre Organisation auf Verรคnderungen zu langsam reagiertโ, erklรคrt er. โUnternehmen mรผssen ihre Kernkompetenzen, das Zusammenspiel ihrer Teams und die Interaktion zwischen den bestehenden, zukรผnftigen Mitarbeitenden und vor allem Kund:innen grundlegend รผberdenken. Das geht nur, indem Bedรผrfnisse schneller verstanden, Entscheidungen schneller getroffen, gemeinsam mit bevollmรคchtigten Teams realisiert werden โ Geschwindigkeit ist Key!โ Fรผr ihn heiรt das: noch strategischer in der zukunftsorientierten Kompetenz-, Team- und Organisationsgestaltung. Businessmodelle gerade systemrelevanter Firmen mรผssen sich schneller und besser an Markt und Kund:innen anpassen โ angefangen beim C-Level. Darunter versteht der Personalberater nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Braukmann ist auch Autor im โAtlas der Entscheiderโ, dem dreibรคndigen Werk fรผr Entscheider:innen und Fรผhrungsverantwortliche, das Johanna Dahm seit Mai 2022 in regelmรครigen Abstรคnden zusammen mit wechselnden Mitherausgebern verรถffentlicht. In seinem Essay macht er auf die verschiedenen Schwachstellen im Rekrutierungsprozess aufmerksam, die Auswirkungen auf die Qualitรคt und Effektivitรคt des Einstellungsprozesses haben kรถnnen. Der Diplomkaufmann und Unternehmer will er Fehlausgaben fรผr vakante und falsch besetzte Positionen stets vorbeugen. Hier macht er auf die fรผnf grรถรten Schwachstellen im Rekrutierungsprozess aufmerksam und gibt Tipps, wo Unternehmen heute unmittelbar besser werden mรผssen, wenn sie die Polykrise als Chance nutzen wollen:
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1. Fehlende Klarheit bezรผglich der Anforderungen: Wenn die Anforderungen fรผr eine Stelle nicht klar definiert sind und nicht eindeutig kommuniziert werden, fรผhrt dies dazu, dass eine falsche Person fรผr die Stelle eingestellt wird.
Beispiel Qualitรคtsplaner vs. Qualitรคtsingenieur:
Ein Unternehmen schreibt eine Position und deren Anforderungen als Qualitรคtsplaner aus. Es wird ein vermeintlich passender Kandidat fรผr 70K gefunden und eingestellt. Warum vermeintlich? Weil sich wรคhrend der ersten Monate zeigte, dass die Position eine andere Expertise benรถtigt, demnach die eines Qualitรคtsingenieurs. Dieses Missmanagement kostete das Unternehmen in diesem Fall 840K bei einer Betriebszugehรถrigkeit von 6 Monaten.
2. Unzureichend umfangreiche Kandidatensuche: Wenn die Kandidatensuche nicht umfangreich genug ist, fรผhrt dies dazu, dass es nicht genรผgend qualifizierte Bewerber gibt oder der Prozess zu lange dauert. FOBO / Fear of missing best option: die Suche nach der Nadel im Heuhaufen Beginnt, die Zeit rinnt dahin! Ziehen Sie immer das Why (Motivation) eines Bewerbers in Betracht: stimmt die Chemie, bitte einstellen, der Rest wird angelernt. Weiterbildung und lebenslanges Lernen stellt den Menschen in den Mittelpunkt und ist der grรถรte Punkt auf der Liste im Thema Employer Branding.
3. Mangelnde Effektivitรคt beim Screening und der Bewertung von Bewerbern: Wenn die Bewertung und das Screening von Bewerbern nicht effektiv sind, kรถnnen potenziell erfolgreiche Kandidaten รผbersehen oder falsche Einstellungsentscheidungen getroffen werden. Individualitรคt, Diversitรคt und Unbiased sind Kriterien, die bei der Sichtung von Bewerbungsunterlagen unbedingt eingehalten werden mรผssen.
4. Unprofessionelle oder unangemessene Interviewverfahren: Ein unangemessenes Interviewverfahren fรผhrt dazu, dass Kandidaten sich nicht ernst genommen fรผhlen oder die falschen Fragen gestellt werden. Hier verhรคlt es sich wie bei der Stellenausschreibung und dem Anforderungsprofil. Wer sich hier nicht richtig vorbereitet und positioniert, sondern immer noch nach 08/15 verfรคhrt, schadet dem Unternehmen(-sruf) immens.
5. Verzรถgerter Einstellungsprozess: Ein verzรถgerter Einstellungsprozess kann dazu fรผhren, dass qualifizierte Kandidaten sich fรผr andere Stellen entscheiden oder dass das Unternehmen dauerhafte Nachteile bei der Besetzung der Stelle hat. Die Time to hire ist grundsรคtzlich noch immer zu hoch. Gerade in Konzernstrukturen, wo der Betriebsrat erst seine Zustimmung geben muss und auch heute noch wie eine Behรถrde funktioniert, verprellt diese Struktur die High Performer. Die goldene Regel lautet: jede Bewerbung erhรคlt binnen 24 Stunden eine Rรผckantwort, jede:r qualifizierte Kandidat:in binnen einer Woche ein Gesprรคch.
Es ist wichtig, dass Unternehmen den Rekrutierungsprozess regelmรครig รผberprรผfen, um diese Schwachstellen zu identifizieren und zu beheben. Leistungsindikatoren wie die Time to Hire sind Maรgrรถssen, wettbewerbsfรคhig zu sein, die besten Mitarbeiter einzustellen, zu binden und somit langfristig erfolgreich zu sein. Fragen beantworten die Autor:innen.
รber Dahm International Consulting
Dr. Johanna Dahm, CEO Dahm International Consulting, mit Sitz in Frankfurt, berรคt, coacht und unterstรผtzt als Entscheidungsexpertin Menschen und Organisationen in der Geschรคftsfeldentwicklung und Transformation. Bereits wรคhrend der Finanzkrise 2007/08 verhalf sie einem DAX Unternehmen zur Stabilisierung, 2016-18 unterstรผtzte sie mehrere globale Banken und Industrie-Unternehmen bei der Portfoliobereinigung und Reorganisation. Dazu engagiert sie sich mit Private Equity insbesondere bei GreenTech und StartUp Unternehmen und ist zusammen mit Heiko Stahnke und Kati Sharp Herausgeberin der Publikationsreihe โAtlas der Entscheiderโ
Mehr รผber Dahm International Consulting und die Publikationen von Johanna Dahm unter
รber Marcus Braukmann Ltd.
Marcus Braukmann, CEO Marcus Braukmann Ltd. aus London, berรคt Unternehmen bei ihrer globalen Expansion, indem er sie mit ausgesuchten Mandanten zusammenbringt. Als Klient werden Sie professionell durch den Suchprozess begleitet, der Ihre Branche genau kennt und ein echtes Einfรผhlungsvermรถgen in Ihre Unternehmenskultur hat und weiร, welche Charaktereigenschaften zu Ihnen passen. Das bedeutet, dass wir die neuesten Internet-Sourcing-Techniken einsetzen, um Talente zu identifizieren, zu gewinnen und zu engagieren. Unsere Matching-Technologie stellt sicher, dass wir jede Person, die es gibt, auch finden und einordnen kรถnnen. Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen bei der Suche nach Fach- und Fรผhrungskrรคften zu unterstรผtzen, national und international. ย Unsere Kunden kommen aus einer Vielzahl von Branchen und beauftragen uns mit der Suche nach Talenten in verschiedenen Funktionen. Mehr รผber Marcus Braukmann Ltd. finden Sie unterย www.marcusbraukmann.com
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