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Samstag, 13 Dezember 2025
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Wenn Frauen im Dezember still zerreißen, weil sie alles tragen und niemand es sieht

Wenn Frauen im Dezember still zerreißen, weil sie alles tragen und niemand es sieht

Der Dezember gilt als Monat der Nähe, der Verbundenheit und der gemeinsamen Zeit. Doch für viele Frauen zeigt sich gerade jetzt, wie groß die Last geworden ist, die sie das ganze Jahr über tragen. Zwischen organisatorischen Aufgaben, emotionaler Verantwortung und unausgesprochenen Erwartungen entsteht ein Druck, der selten sichtbar wird – und dennoch das gesamte System fordert. Nicht, weil Frauen weniger belastbar wären, sondern weil sie in dieser Zeit stärker mit Rollen konfrontiert sind, die sie still erfüllen und für die es kaum Anerkennung gibt.

Dieser Artikel beleuchtet, warum der Dezember innere Spannungen verstärkt, welche Mechanismen im Hintergrund wirken und wie Frauen Wege finden können, ihre Bedürfnisse wieder deutlicher wahrzunehmen.

Die Last, die im Dezember nicht mehr zu übersehen ist

Viele Belastungen entstehen nicht aus großen Ereignissen, sondern aus der Summe dessen, was gleichzeitig erwartet wird. Im Dezember werden organisatorische Aufgaben – Geschenke, Termine, Planung – plötzlich zu einer Art stillem Projektmanagement, das meist unbemerkt im Hintergrund läuft. Frauen erledigen diese Aufgaben nicht, weil sie müssen, sondern weil sie wissen, dass sonst niemand daran denkt. Genau diese Selbstverständlichkeit macht den Dezember so anstrengend.

Hinzu kommt eine emotionale Komponente: Frauen spüren Stimmungen, Spannungen und Bedürfnisse oft früher als andere. Wenn Familien zusammenkommen, fangen sie unausgesprochene Konflikte auf, moderieren Situationen oder gleichen Spannungen aus, ohne dass es jemand bewusst bemerkt. Nicht die Aufgaben selbst sind es, die erschöpfen, sondern das ständige mentale Vor- und Mitdenken.

Warum die Feiertage alte Muster verstärken

In den meisten Familien existieren Rollen, die über Jahre hinweg gewachsen sind. Wer sich um wen kümmert, wer vermittelt, wer vorbereitet – all das ist selten klar ausgesprochen, aber fest verankert. Im Dezember treten diese Muster deutlicher hervor, weil mehr gemeinsame Zeit entsteht. Viele Frauen erleben dann, dass sie unbewusst in frühere Rollen zurückrutschen: zuständig sein, verstehen, beruhigen, organisieren.

Ein Beispiel

Eine Frau, die im Alltag beruflich klar kommuniziert und Verantwortung teilt, stellt im familiären Umfeld plötzlich fest, dass alle wieder selbstverständlich zu ihr kommen: für Fragen, für Lösungen, für emotionale Entlastung. Sie wirkt nicht überfordert – und genau das macht ihre Leistung unsichtbar. Anerkennung bleibt aus, weil ihr Funktionieren zur stillen Norm geworden ist.

Solche Dynamiken wirken nicht, weil etwas fehlt, sondern weil zu viel auf einmal auf sie einwirkt. Die Konfrontation mit alten Rollen und neuen Erwartungen zeigt, wo Belastungen nicht mehr überdeckt werden können.

Wenn Fürsorge kippt – und wie es dazu kommt

Fürsorge beginnt oft freiwillig. Viele Frauen geben gerne, unterstützen, hören zu und schaffen Verbindung. Doch im Dezember steigt die Frequenz dieser Fürsorge: mehr Treffen, mehr Gespräche, mehr Erwartungen. Ein System, das ohnehin viel trägt, reagiert auf diese Verdichtung schneller mit Erschöpfung.

Wichtig ist dabei eine Unterscheidung:
Erschöpfung entsteht nicht, weil Frauen zu viel tun, sondern weil sie zu wenig Raum für sich selbst haben. Während sie für andere präsent sind, fehlt oft die Gelegenheit, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen. Viele merken erst im Nachhinein, dass sie ihre Grenzen überschritten haben – nicht absichtlich, sondern aus Gewohnheit.

Anerkennung als Schlüssel zur Entlastung

Was viele Frauen im Dezember am stärksten belastet, ist nicht die Aufgabe selbst, sondern dass ihr Einsatz kaum gesehen wird. Sichtbarkeit meint für sie nicht, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen oder sich in den Mittelpunkt zu stellen. Es bedeutet, dass jemand wahrnimmt, was sie leisten: emotional, organisatorisch und mental.

Frauen, die sich anerkannt fühlen, tragen dieselben Aufgaben oft mit deutlich weniger Erschöpfung. Doch wenn Anerkennung ausbleibt, wirkt selbst ein kleiner Impuls schwer – einfach weil er auf ein bereits ausgelastetes System trifft.

Anerkennung entsteht durch

  • bewusstes Wahrnehmen
  • aktives Benennen
  • Wertschätzung ohne Erwartungen

Ein einfaches „Ich sehe, wie viel du machst“ kann mehr Entlastung schaffen als jede strukturelle Veränderung.

Wege, die innere Belastung zu verringern – ohne große Schritte

Veränderung beginnt selten mit einem klaren Schnitt. Viel häufiger entsteht sie aus kleinen Entscheidungen, die Frauen im Dezember oft besonders deutlich spüren. Wenn emotionale und organisatorische Belastung gleichzeitig steigen, entsteht ein natürlicher Moment, innezuhalten und die eigene Rolle neu zu betrachten.

Hilfreiche Fragen können sein:

  • Welche Aufgaben übernehme ich, weil ich möchte – und welche, weil es erwartet wird?
  • Was davon würde jemand bemerken, wenn ich es nicht tue?
  • Welche Form der Unterstützung würde mich wirklich entlasten?
  • Wo wünsche ich mir Anerkennung – und wem müsste ich das mitteilen?

Diese Fragen führen nicht sofort zu Veränderung, aber sie schaffen Bewusstsein. Und Bewusstsein ist die erste Ressource, die Frauen brauchen, um nicht weiter still zu überlasten.

Fazit

Der Dezember zeigt nicht nur Belastung – er zeigt, wo Frauen zu viel allein tragen. Genau darin entsteht aber auch die Chance, eigene Bedürfnisse sichtbarer zu machen und Aufgaben nicht mehr schweigend zu schultern. Wer in dieser Zeit erkennt, wie viel Kraft in der eigenen Rolle steckt, kann beginnen, neue Wege zu finden: zu mehr Anerkennung, mehr Balance und einem Umgang mit Verantwortung, der nicht erschöpft, sondern trägt.

© Nadège B. Tebiro
© Nadège B. Tebiro

Über Nadège B. Tebiro

Dipl. Psychologische Beraterin, Dipl. Psychotraumatologie Beraterin und Dipl. Stressmanagement Trainerin. Gründerin der Female Health Care Spitex in Zürich, spezialisiert auf die Verbindung von körperlicher und psychischer Gesundheit bei Frauen. Weitere Informationen: www.fhc-spitex.ch

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