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Samstag, 13 Dezember 2025
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„Die Mutter ist schuld“ – Wenn erwachsene Kinder ihre Probleme auf die Mutter projizieren

„Die Mutter ist schuld“ – Wenn erwachsene Kinder ihre Probleme auf die Mutter projizieren

Ein uraltes Muster in moderner Form

„Wenn ich heute so unzufrieden bin, dann liegt das daran, wie meine Mutter mich erzogen hat.“ – Dieser Satz klingt fast wie ein Mantra, das sich in vielen Familiengeschichten wiederholt. Selbst dann, wenn das Kind längst erwachsen ist, verheiratet, ein eigenes Haus bewohnt und eigene Kinder großzieht, bleibt die Mutter oft Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Frage nach Schuld und Ursache geht.

Während das Leben neue Herausforderungen bereithält – Konflikte in der Ehe, berufliche Unsicherheit, der Druck, die eigenen Kinder „richtig“ zu erziehen – blickt das erwachsene Kind zurück. Nicht selten lautet die Erklärung: „Das liegt an meiner Mutter.“

Doch warum ist das so? Warum eignet sich gerade die Mutter, auch Jahrzehnte nach der Kindheit, so gut als Projektionsfläche für Probleme, die in der Gegenwart entstehen?


Die Mutter als erste Bindung – und als lebenslange Bezugsperson

Psychologen wie John Bowlby oder Mary Ainsworth, Begründer der Bindungstheorie, haben aufgezeigt, wie prägend die Mutter-Kind-Beziehung für die frühe Entwicklung ist. Ob sicher, unsicher oder ambivalent – die Qualität der Bindung hinterlässt Spuren im emotionalen Leben.

Aber: Diese frühe Prägung ist kein Schicksal, sondern ein Ausgangspunkt. Erwachsene entwickeln sich weiter, treffen eigene Entscheidungen und bauen neue Bindungen auf. Dennoch bleibt die Mutter, egal wie alt das Kind wird, emotional bedeutsam.

Gerade wenn die Bindung stark und eng ist, bleibt die Mutter in späteren Krisen Anlaufstelle. Sie ist die Person, die man am besten kennt – und die einen am besten kennt. In dieser Nähe steckt eine enorme Ressource, aber auch ein Risiko: Wer der Mutter vertraut, dem kann man auch Verantwortung zuschieben.


Projektion und Verdrängung – ein Schutzmechanismus

In der Psychoanalyse wird häufig von Projektion gesprochen: Eigene Anteile, die schwer auszuhalten sind, werden auf andere übertragen. Ein erwachsenes Kind, das beruflich scheitert oder in der Ehe unglücklich ist, empfindet vielleicht Scham oder Versagensängste. Diese Gefühle können schwer auszuhalten sein – also wird die Ursache im Außen gesucht.

Hier bietet sich die Mutter an. Denn:

  • Sie ist vertraut.
  • Sie hat tatsächlich prägenden Einfluss genommen.
  • Sie „hört zu“ – und kann nicht so leicht weglaufen.

So entsteht ein scheinbar logischer Gedankengang: „Ich habe diese Probleme, weil meine Mutter damals …“

Der Vorteil: Das erwachsene Kind muss sich nicht vollständig mit der eigenen Verantwortung auseinandersetzen. Der Nachteil: Es bleibt gefangen in alten Erklärungen und verhindert damit, dass echte Lösungen für aktuelle Probleme gefunden werden.


Typische Szenarien aus dem Familienalltag

  1. Ehekrise:
    Ein Mann streitet ständig mit seiner Frau. Er fühlt sich unverstanden, überfordert, nicht wertgeschätzt. Anstatt das Gespräch mit seiner Partnerin zu suchen, erklärt er: „Meine Mutter hat mir nie gezeigt, wie man richtig mit Gefühlen umgeht – deshalb kann ich heute keine Beziehung führen und auf meine Bedürfnisse achten.“
  2. Überforderung als Eltern:
    Eine Frau mit zwei kleinen Kindern gerät an ihre Grenzen. Schlafmangel, Druck im Job, hohe Erwartungen. Statt die eigene Überlastung zu reflektieren, klagt sie: „Meine Mutter hat mich nie richtig unterstützt, deshalb bin ich jetzt so hilflos.“
  3. Berufliche Probleme:
    Ein Erwachsener scheitert wiederholt in der Karriere. Statt nach Ursachen in der Gegenwart zu suchen, sagt er: „Meine Mutter hat mich zu sehr kritisiert – deshalb glaube ich heute nicht an mich.“

Alle Beispiele zeigen: Das erwachsene Kind blendet die Gegenwart aus und verlegt die Schuld in die Vergangenheit.


Die Mutter als Doppelrolle: Stütze und Sündenbock

Für die Mutter bedeutet das eine Zwickmühle. Einerseits freut sie sich, dass sie weiterhin gebraucht wird – das Band zum erwachsenen Kind bleibt eng. Andererseits fühlt sie sich verantwortlich gemacht für Probleme, die längst außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten liegen.

Viele Mütter berichten, dass sie sich dann zwischen zwei Rollen hin- und hergerissen fühlen:

  • Die Vertraute: Sie hört zu, will helfen, will da sein.
  • Die Schuldige: Sie wird beschuldigt, etwas „falsch“ gemacht zu haben.

Das kann zu Schuldgefühlen, Selbstzweifeln und innerer Erschöpfung führen. Manche Mütter ziehen sich zurück, andere versuchen noch stärker zu helfen – und geraten dadurch nur tiefer in die Spirale.


Gesellschaftliche Dimension: Warum immer die Mutter?

Die Fixierung auf die Mutter ist nicht nur ein privates Muster, sondern auch ein kulturelles. Die Gesellschaft schreibt Müttern eine übergroße Verantwortung zu. Wenn Kinder „gelingen“, gilt es als ihr Verdienst. Wenn Kinder scheitern, gilt es als ihr Versagen.

Der Soziologe Arlie Hochschild prägte den Begriff „emotional labor“ – die unsichtbare Gefühlsarbeit, die vor allem Frauen leisten. Diese Arbeit bleibt oft unbewusst, wird aber erwartet. Entsprechend groß ist der Druck auf Mütter, immer „richtig“ zu handeln.

Dass erwachsene Kinder bei Schwierigkeiten automatisch an die Mutter denken, ist also auch ein Spiegel gesellschaftlicher Zuschreibungen.


Folgen für die neue Familie

Die Dynamik betrifft nicht nur Mutter und erwachsenes Kind, sondern auch dessen neue Familie. Wenn Probleme nicht innerhalb der Ehe besprochen, sondern nach außen – zur Mutter – verschoben werden, entstehen zusätzliche Spannungen.

  • Der Partner oder die Partnerin fühlt sich ausgeschlossen.
  • Die Kinder erleben unterschwellig, dass „Oma schuld“ ist.
  • Die Familie gerät in eine Dreiecksbeziehung, die Konflikte verschärft, statt sie zu lösen.

So wird die Mutter ungewollt Teil des Systems, das eigentlich das erwachsene Kind und seine neue Familie selbst gestalten sollten.


Wege aus der Projektion

1. Selbstverantwortung anerkennen

Jeder Erwachsene trägt Verantwortung für sein aktuelles Leben. Vergangene Prägungen spielen eine Rolle, aber sie sind keine Ausrede. Es gilt, das Steuer in die Hand zu nehmen.

2. Die Mutter entlasten

Ein ehrlicher Satz kann viel bewirken: „Mama, ich weiß, du hast dein Bestes gegeben.“ Diese Anerkennung entzieht dem Schuldmuster die Grundlage.

3. Kommunikation in der eigenen Familie stärken

Probleme gehören dorthin, wo sie entstehen – in die Partnerschaft, in die Erziehung, in den Job. Offene Gespräche dort sind heilsamer als Schuldzuweisungen nach hinten.

4. Professionelle Unterstützung

Therapie oder Coaching können helfen, alte Muster zu durchbrechen. Manchmal braucht es den neutralen Blick von außen, um zu erkennen: „Das ist meine Aufgabe – nicht die meiner Mutter.“

5. Neue Rollen definieren

Mutter und erwachsenes Kind sollten ihre Beziehung neu gestalten – weg von Abhängigkeit, hin zu Augenhöhe. Die Mutter ist nicht mehr Erzieherin, sondern kann Freundin, Ratgeberin oder liebevolle Begleiterin sein.


Stimmen von Expert:innen

  • Jesper Juul, Familientherapeut: „Eltern sind nicht verantwortlich für das Glück ihrer erwachsenen Kinder. Sie haben Verantwortung für die Kindheit – nicht für das ganze Leben.“
  • Margaret Mahler, Psychoanalytikerin: „Die Aufgabe des Kindes ist es, sich von der Mutter zu lösen – und die Aufgabe der Mutter ist es, das zuzulassen.“
  • Systemische Familientherapie betont: Probleme entstehen in einem Netz von Beziehungen. Sie lassen sich nicht allein auf eine Person zurückführen.

Diese Stimmen zeigen: Das Muster, alles auf die Mutter zu schieben, ist wissenschaftlich längst hinterfragt – in der Praxis aber weiterhin wirksam.


Ein persönlicher Blick

Viele Mütter berichten: „Ich wollte nur das Beste – und trotzdem habe ich immer das Gefühl, es war nicht genug.“
Viele erwachsene Kinder gestehen: „Es ist so einfach, die Mutter verantwortlich zu machen – weil ich Angst habe, mir meine eigenen Fehler einzugestehen.“

Zwischen diesen beiden Sätzen liegt die Wahrheit: Schuldzuweisungen sind oft weniger Ausdruck der Realität als Ausdruck von Hilflosigkeit.


Fazit: Mehr Gerechtigkeit für Mütter – und mehr Freiheit für Kinder

Die Reduktion komplexer Probleme auf „Die Mutter ist schuld“ ist eine Sackgasse. Sie verhindert Entwicklung und belastet Beziehungen.

Ein erwachsenes Kind, das Verantwortung übernimmt, entlastet nicht nur seine Mutter – es gewinnt auch selbst an Stärke. Und eine Mutter, die sich von ungerechter Schuld befreit, kann ihre Rolle neu definieren: nicht als Sündenbock, sondern als wertvolle, freie Bezugsperson.

Am Ende bleibt die Erkenntnis:
Mütter sind wichtig – aber nicht allmächtig. Erwachsene sind verantwortlich für ihr eigenes Leben.

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Jane Uhlig
Jane Uhlighttps://www.janeuhlig.de
Jane Uhlig ist Gründerin und Chef-Redakteurin von Janes Magazin. Sie publizierte Wirtschafts-Sachbücher-Bücher in Kooperation mit dem Campus Verlag und Hörbücher zum Thema Selbst-Coaching. Sie beschäftigt sich mit den Themen Lifestyle, Trends und Gesundheit, ist Yoga und Zumba-Trainerin für große Bühnen-Events und agiert als Moderatorin in zahlreichen Events, Konferenzen und Galas.
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