Migräne im Griff: Wie der Vagusnerv neue Wege eröffnet
Wenn Medikamente nicht mehr helfen – kann ein kleiner Nerv die Lösung sein?
Autor: Jörg Trinkwalter
Migräne ist mehr als „nur“ Kopfschmerz. Viele Betroffene kämpfen regelmäßig mit pochenden, einseitigen Schmerzen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit oder sogar neurologischen Ausfallerscheinungen. Während einige Menschen auf Medikamente gut ansprechen, erleben viele, dass Tabletten kaum helfen oder starke Nebenwirkungen verursachen. Und selbst wenn sie wirken, bleibt oft ein ungutes Gefühl – schließlich möchte niemand dauerhaft Schmerzmittel einnehmen.

Doch es gibt Hoffnung: Die transkutane Vagusnervstimulation (tVNS) gilt als sanfte, gut verträgliche und innovative Methode, die immer mehr in den Fokus rückt – auch bei Migräne.
Was ist eigentlich der Vagusnerv?
Der Vagusnerv ist der längste Hirnnerv des Körpers. Er reicht vom Hirnstamm über Hals und Brustraum bis zu Magen und Darm und spielt eine zentrale Rolle für unser autonomes Nervensystem. Das heißt: Er beeinflusst, wie entspannt wir sind, wie ruhig unser Herz schlägt und wie unser Körper auf Stress reagiert. Nicht umsonst wird er auch „Selbstheilungsnerv“ genannt. Wenn der Vagusnerv aktiv ist, schaltet der Körper in den Regenerationsmodus – genau das Gegenteil von Stress, Anspannung und Schmerz.
Wie funktioniert die tVNS bei Migräne?
Bei der transkutanen Vagusnervstimulation (tVNS) wird ein Ast des Vagusnervs, der durch die Haut am Ohr verläuft, mit sanften elektrischen Impulsen stimuliert – ganz ohne Operation. Eine kleine Elektrode wird am Ohr (genauer: an der Cymba conchae) angebracht und gibt in individuell einstellbaren Intervallen Impulse ab. Diese Signale wandern über Nervenbahnen ins Gehirn und aktivieren dort Bereiche, die u.a. mit Schmerzverarbeitung, Stressregulation und Entzündungsreaktionen zu tun haben.
Patienten berichten, dass sie seltener Migräneattacken haben und wenn doch, dann verlaufen sie milder, dauern kürzer und lassen sich mit weniger oder gar keinen Medikamenten in den Griff bekommen.
Für wen ist tVNS geeignet?
Besonders profitieren könnten Migränepatienten, die:
- keine oder nur geringe Wirkung von Medikamenten erleben,
- unter starken Nebenwirkungen leiden,
- nicht täglich Medikamente nehmen möchten,
- auf der Suche nach einer sanften, ergänzenden Methode sind.
Die tVNS kann auch präventiv eingesetzt werden – also regelmäßig, um Migräneattacken vorzubeugen oder akut, wenn sich eine Attacke anbahnt.
Ein großer Vorteil: Die Methode kann zu Hause angewendet werden, nach einer kurzen Einweisung durch medizinisches Fachpersonal. Sie lässt sich zudem gut in ganzheitliche Therapiekonzepte integrieren – etwa in Kombination mit Yoga, Atemübungen, Stressmanagement oder Physiotherapie.
5 gute Gründe, warum sich tVNS lohnt
- Medikamentenfrei: Kein Risiko von Nebenwirkungen durch Schmerzmittel.
- Gut verträglich: Die meisten Nutzer empfinden nur ein leichtes Kribbeln.
- Alltagstauglich: Die Anwendung dauert meist nur 15 bis 30 Minuten pro Tag.
- Ganzheitlich: tVNS unterstützt das Nervensystem und wirkt beruhigend.
- Selbstbestimmt: Patientinnen behalten die Kontrolle über ihre Behandlung.
Wissenschaft bestätigt die Wirkung
Mehrere Studien zeigen, dass tVNS das Potenzial hat, Migränefrequenz und -intensität zu senken. Forscher vermuten, dass die Stimulation bestimmte Hirnregionen beruhigt, entzündungshemmend wirkt und die Schmerzverarbeitung moduliert. Auch die sogenannte Cortical Spreading Depression – ein neurologischer Mechanismus, der als Auslöser für Migräne gilt – könnte durch die tVNS beeinflusst werden.
Wichtig: Nur zertifizierte Medizinprodukte verwenden
Wer die transkutane Vagusnervstimulation ausprobieren möchte, sollte darauf achten, ein zugelassenes Medizinprodukt zu verwenden. Nur solche Geräte unterliegen den strengen Anforderungen der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) und dürfen zur Behandlung spezifischer Indikationen – wie etwa Migräne – eingesetzt werden. Sie wurden in klinischen Studien geprüft, ihre Wirksamkeit ist nachvollziehbar dokumentiert und ihre Sicherheit garantiert. Im Gegensatz dazu bieten einige Hersteller im Internet günstigere Geräte an, die zwar ähnlich aussehen, aber nicht medizinisch zertifiziert sind. Diese Nachahmungen liefern häufig nicht die erforderlichen Impulse in der richtigen Frequenz und Intensität und können damit wirkungslos oder im schlimmsten Fall sogar irritierend sein. Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, sollte sich vor dem Kauf umfassend informieren und im Zweifel Rücksprache mit medizinischem Fachpersonal halten.
Fazit: Neue Wege für ein altes Problem
Migräne ist belastend – für Körper, Seele und Alltag. Die transkutane Vagusnervstimulation eröffnet eine neue, vielversprechende Möglichkeit, die individuell anpassbar, gut verträglich und nicht-invasiv ist. Wer offen für moderne, sanfte Therapien ist und sich wieder mehr Lebensqualität wünscht, sollte diesen Ansatz mit seinem Arzt oder Therapeuten besprechen.
Denn manchmal braucht es keine neue Tablette, sondern ein neues Verständnis vom Körper und den Mut, neue Wege zu gehen.
Jörg Trinkwalter ist Experte für Medizintechnik und digitale Gesundheitslösungen. Seit 2024 verantwortet er bei der tVNS Technologies GmbH die Bereiche Marketing, Vertrieb und Business Development und wird 2025 in die Geschäftsführung berufen. Zuvor war er über ein Jahrzehnt in führenden Positionen im Medizintechnik-Sektor tätig, unter anderem als Mitglied der Geschäftsleitung des Branchennetzwerks Medical Valley EMN e. V. sowie als Mitgründer des Kardiologie-Startups ProCarement. Ein besonderer Fokus seiner aktuellen Arbeit liegt auf der transkutanen Vagusnervstimulation (tVNS), einer innovativen Therapieoption für neurologische und chronische Erkrankungen. Kontakt: https://t-vns.com/de/



