Als Königin Letizia sich bei der feierlichen Messe zum Jakobstag Ende Juli in der Kathedrale von Santiago de Compostela nicht bekreuzigte, und das auch noch vor laufenden TV-Kameras, ging eine Welle der Entrüstung durch das erzkatholische Spanien. «Vor allem im Netz war der Zoff riesig», schrieb die Zeitung «El Mundo».
Richtig überrascht waren allerdings die Wenigsten. Die aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen stammende Enkelin eines Taxifahrers, die an diesem Donnerstag (15. September) 50 Jahre alt wird, ging hinter den Kulissen und auch im Schweinwerferlicht schon immer meist unbeirrt ihren eigenen Weg.
Die Anerkennung wird größer
Von gesellschaftlichen Zwängen, Traditionen oder Hierarchien ließ sich die Frau mit dem starken Charakter nie richtig einschränken. Auch royale Regeln respektierte und respektiert sie nicht immer. Deshalb gab es oft Kritik. Die wird aber immer weniger, dafür wird die Anerkennung größer. Vor allem seit der Thronbesteigung ihres Mannes Felipe VI. (54) im Juni 2014 avancierte Letizia zum Bollwerk der seit Jahren von Korruptionsaffären erschütterten spanischen Monarchie, wie viele Medienbeobachter dieser Tage feststellen.
«Der Triumph einer Rebellin» titelte zum Beispiel der angesehene Journalist Fernando Ónega aus Anlass des 50. Geburtstags seine jüngste Kolumne für die Zeitung «La Vanguardia». Es habe zwar «lange gedauert, bis die öffentliche Meinung sie akzeptiert hat», schrieb der Mann, der sich wie kaum ein Zweiter in Spanien in Sachen Königshaus auskennt. Aber inzwischen habe die «Reina» mit ihrer stets kritischen und modernen Einstellung triumphiert. «Sie fördert die Erneuerung und die Transparenz des Königshauses … und klettert in den Umfragen.»
Star-TV-Journalistin Ana Pastor, die dieses Jahr für den Sender «La Sexta» eine aufschlussreiche Doku über die Bourbonen drehte, schlägt in die gleiche Kerbe. Die Mutter von Kronprinzessin Leonor (16) und Infantin Sofía (15) habe ungeachtet ihres eigenwilligen Charakters «die Institution (der Monarchie) mehr respektiert als viele, die blaues Blut in den Adern haben», sagte sie im Fernsehen. Gemeint ist nicht nur, aber in erster Linie Felipes Papa, Altkönig Juan Carlos, der wegen verschiedener Skandale und Fehltritte seit gut zwei Jahren im über 5000 Kilometer entfernten Abu Dhabi im Exil leben muss.
«Du wirst die Monarchie zerstören»
Der heute 84-Jährige war, wenn man den Berichten von Ónega, Pastor und anderen Experten glaubt, derjenige, der sich seinerzeit Anfang der 2000er-Jahre in der Familienresidenz Palacio de la Zarzuela nordwestlich von Madrid am meisten der Beziehung zwischen Felipe und Letizia widersetzte. «Du wirst die Monarchie zerstören», soll er dem Sohnemann damals lautstark gesagt haben. Worte, die das Königshaus nie dementiert hat.
Jahre später war es Juan Carlos, der die Royals mit einer Serie von Affären (darunter eine Elefantenjagd und Probleme mit dem Fiskus) in den Schmutz zog – und wohl für die Zunahme der Zahl der Monarchiegegner hauptverantwortlich zeichnete.
Letizia Ortiz Rocasolano wurde am 15. September 1972 als erste von drei Töchtern eines Journalisten und einer Gewerkschaftlerin in Oviedo im Norden Spaniens geboren. Als sie 15 war, zog die Familie nach Madrid. In der spanischen Hauptstadt und später auch in Mexiko studierte sie Journalismus. Als Politik-Redakteurin bei Zeitungen und anschließend als TV-Nachrichtensprecherin machte sie schnell Karriere – obwohl erzählt wird, dass sie die Konfrontation mit deutlich älteren und konservativeren Chefs nicht scheute. 2000 wurde sie als beste Journalistin Madrids unter 30 ausgezeichnet.
Erste Ehe mit Alonso Guerrero
Ihren ersten Ehemann hatte sie zuvor in der Schule kennengelernt. Er war ihr Lehrer. Die beiden waren zehn Jahre lang ein Paar, bevor sie 1998 heirateten. Die Ehe mit Alonso Guerrero hielt nur ein Jahr. Letizia war Moderatorin der Hauptnachrichtensendung des spanischen TV, als sie Felipe im Herbst 2002 beim Abendessen im Haus eines Journalisten kennenlernte. In den 20 Jahren, die seitdem vergangen sind, gab es nicht einmal Gerüchte über Beziehungsprobleme.
Ein leichtes Leben hatte «Leti» deshalb aber keineswegs. Zeitweilig «war sie die am schlechtesten behandelte Frau der spanischen Gesellschaft», schrieb Ónega ohne jegliche Übertreibung. Es habe «Hunderte verletzende und gnadenlose Medienberichte» gegeben. Und es gab auch sehr unbequeme Bücher.
Ex-Mann Guerrero schrieb 2018 einen autobiografischen Roman mit dem Titel «El amor de Penny Robinson» (Die Liebe der Penny Robinson). Schlimmer waren für Letizia aber zwei Enthüllungsbücher – darunter eines seines Cousins David Rocasolano – die von ihr ein wenig schmeichelhaftes Bild zeichneten. Letizia gibt nie Interviews und kommentierte diese Bücher nicht.
Es gab auch harte Schicksalsschläge, wie etwa 2007 der Suizid ihrer Schwester Erika mit 31 Jahren. Doch mit ihrem unermüdlichen Einsatz für Frauenrechte und Ältere, für Gesundheit, Ernährung und Bildung, für benachteiligte Menschen und Weltregionen, ließ die als sehr diszipliniert und zielorientiert geltende Frau alle negativen Berichte vergessen. Eine große Feier zum 50. sei nicht vorgesehen, schrieb «La Vanguardia». Ihr dienstlicher Terminkalender sei dafür wieder proppenvoll, hieß es. Letizia, wie sie leibt und lebt.
Sie ist volksnah geblieben
Die Spanier honorieren aber nicht nur ihr Engagement, sondern auch, dass sie sich im Gegensatz zu anderen Royals nicht im «Goldenen Käfig» des Zarzuela «einsperren» ließ und volksnah blieb. Sie trägt oft günstige Kleidung bekannter spanischer Marken, kauft häufig selber ein, trifft sich immer noch mit den Freundinnen ihrer Jugend, geht ins Kino, amüsiert sich gern in Kneipen des Bohemeviertels Malasaña. Und besucht Konzerte.
In diesem Sommer tanzte sie mit ihren Töchtern in Madrid mitten in der Menschenmenge zu den Songs von Popstar Harry Styles. In der Kirche sieht man sie eher selten. Die Frage, ob sie Atheistin sei, blieb bis heute unbeantwortet.