Dienstag, 24 Dezember 2024
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MEHR LIEBE, SCHUTZ, SEGEN. WIE MAGIE WIRKT. 

MEHR LIEBE, MEHR SCHUTZ, MEHR SEGEN. WIE MAGIE WIRKT. 

Der Reiz von Magie ist leicht erklärt. Amulette, Orakel und Zaubersprüche zum Heilen von Krankheiten ermöglichen so etwas wie Eigenmacht. Früher fühlte man sich von der Wiege bis zur Bahre unzähligen Dingen gänzlich ausgeliefert, dem Wetter, Krankheiten und vielem mehr. Magie – auch wenn sie offiziell verpönt war – erschien da wie: Ich kann es selbst in die Hand nehmen. Die tiefe christliche Volksfrömmigkeit stand dem nicht immer entgegen.

Jede Lebensschwelle, ob Geburt, Taufe, Hochzeit, Tod, Hausbau oder der Einzug in ein Haus, wurde als sehr heikel angesehen – neidische Menschen, neidische Geister und das unabwägbare Schicksal galt es daher mit bestimmten Handlungen und vor allem Amuletten „in Schach zu halten“. So wurde die Türschwelle gesichert, die empfindliche Grenze zwischen der privaten und der „feindlichen“ Welt. Auch Stalltüren wurden bemalt mit magischen Zeichen, beschlagen mit Fellstücken, Tierklauen, Zunderschwämmen, Eisenmesser und handgeschmiedeten Eisennägel (die Krankheit „vernageln“). Im Hessischen haben Tierärzte solche Schutzzeichen an den Stalltüren der Bauern noch in den 1950er-Jahren gesehen. „Das ist gut gegen die Hex“, hörten sie dann als Erklärung. Mit der „Hex“ waren Krankheiten des Viehs gemeint. Vor allem das Pentagram, der Fünfstern, der Trudenfuß, das alte Universal-Schutzzeichen, wurde gebraucht, und auch an Wiegen zum Schutz des Säuglings angebracht. Unsere dekorativen Türkränze haben darin ihren Ursprung. Überhaupt waren massenhaft Segenssprüche und Haussegen in den Häusern zu sehen, selbst bei den Allerärmsten, ob am Fachwerkgebälk, an Gebrauchsgegenständen oder auch der gerahmte Schutzengel, der Kindern über einen reißenden Fluss hilft. Oft mit ganz viel Kitsch.

Noch bis in die jüngste Zeit wurden in den Dörfern manchen Frauen und Männern nachgesagt, sie hätten magische Begabung – und entsprechend vorsichtig müsse man mit ihnen sein. „Antworte auf ihre Fragen niemals dreimal mit Ja, dann hat sie Macht über dich.“ Ganz Ängstliche trugen eine Socke verkehrt herum, um sich bei einer Begegnung zu schützen. 

Ein kleines bisschen (Abwehr-)„Zauberei“ war allgemein üblich. Auch der Aberglaube blühte. So stellte man einen Reisigbesen mit dem Borsten nach oben an der Haustür ab, das sollte unliebsame Gäste fernhalten. Man fasste den glücksbringenden Schornsteinfeger an und klopfte dreimal auf Holz. Heute hat der Aberglaube neue Gesichter. Wer fährt ohne Talisman im eigenen Auto? Ein bisschen Aberglaube schadet nicht, denn er hat im Kern oft eine pädagogische Note. Sei vorsichtig, sei nett zu anderen, erst wägen, dann wagen.

Bald werden die Nächte wieder länger – und die Furcht vor der Dunkelheit bei vielen Menschen größer. Nur an Allerheiligen/Allerseelen, auch Halloween, lässt man die Toten ins Leben. Nur in dieser einen Nacht. Sonst hielt und hält man sie lieber auf Abstand. Fenster auf, wenn jemand gestorben war, und die Spiegel verhängt. Nichts sollte die Seele im Haus halten.

Beliebt in unserem Alltag sind unvermindert die Glücksbringer. Fliegenpilz, Kleeblatt, Schwein, Herz und – gegen den bösen, also neidischen Blick der anderen – das Auge, um nur einige zu nennen. Hilfreich, sicherlich. Der Glaube versetzt Berge, der Aberglaube beziehungsweise das magische Denken auch. 

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Jutta Failing
Jutta Failinghttps://glueckshaut.de/
Dr. phil. Jutta Failing ist Kunsthistorikerin und Autorin. Promotion: „Frosch und Kröte als Symbolgestalten in der mittelalterlichen Kirchenkunst“ // Stipendium der Graduiertenförderung in Hessen. Preisträgerin des Bürgermedienpreises (Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk – LPR Hessen, Sparte Hörspiel). 2005 bis 2011 Projektleitung NACHT DER MUSEEN Frankfurt und Offenbach. 2020 Künstlerstipendium der Hessischen Kulturstiftung/Land Hessen. Buchautorin und Freelancerin (Text/Redaktion) für Lifestyle- und Kunstmagazine. Expertin für historische Sagen- und Ortsüberlieferung (u.a. Fachvorträge und Publikation „In Hessen ist der Teufel los – Das Geheimnis teuflischer Orte und Geschichten“). Seit drei Jahrzehnten wissenschaftliche Beschäftigung mit Erinnerungskultur, volksmagischen Erscheinungen und hessischem Brauchtum. Zertifizierte Mental Trainerin und Yoga Mental Trainerin.
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