Donnerstag, 19 Dezember 2024
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Umsetzung der Russland-Sanktionen – Kurzüberblick

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Wichtig für das Verständnis der EU-Sanktionen ist vorab, dass die EU-Sanktionen mit Inkrafttreten der jeweiligen EU-Rechtsakte unmittelbar geltendes Recht in Deutschland sind. Das bedeutet, dass beispielsweise das Einfrieren von Vermögenswerten unmittelbar Kraft Verordnung greift, ohne dass es einer zusätzlichen behördlichen Anordnung bedarf. Geschäftsbanken, Versicherungen und andere Wirtschaftsteilnehmer sind operativ dafür verantwortlich, das Einfrieren von Vermögenswerten und damit das Verfügungsverbot mit Inkrafttreten des jeweiligen EU-Rechtsakts zu beachten. Sie berichten hierüber der Bundesbank, insbesondere im Hinblick auf bei ihnen eingefrorenen Gelder. Meldungen über eingefrorene wirtschaftliche Ressourcen wie beispielsweise Kunstgegenstände, Immobilien etc. nimmt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) entgegen. Die EU-Verordnungen verpflichten jedermann zur Einhaltung der Sanktionen.

1. Klärung von Begrifflichkeiten: Was genau bedeutet „Einfrieren von Vermögenswerten“? Wann kann beschlagnahmt werden?

In den EU-Sanktionen ist unter anderem festgelegt, dass „Gelder“ und „wirtschaftliche Ressourcen“ gelisteter Personen eingefroren sind. „Einfrieren von wirtschaftlichen Ressourcen“ bedeutet gemäß den europäischen Vorgaben die Verhinderung der Verwendung von wirtschaftlichen Ressourcen für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen. Das Einfrieren führt zu einem sogenannten Verfügungsverbot. Eine eingefrorene Sache darf nicht mehr veräußert, vermietet oder belastet oder anderweitig als Einkommensquelle genutzt werden. Darüber hinaus gilt gegenüber gelisteten Personen und Entitäten auch ein sogenanntes Bereitstellungsverbot. Das heißt, gelisteten Personen dürfen weder Gelder noch wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Das Verfügungs- und Bereitstellungsverbot ist von jedermann in der EU zu beachten. 

Beispiel: Eine Yacht darf im Hafen liegen, aber nicht mehr verchartert werden. Eine Eigentumswohnung darf vom sanktionierten Eigentümer weiterhin bewohnt werden, aber nicht veräußert oder grundbuchrechtlich belastet werden. Ein Notar darf eine solche Transaktion nicht beurkunden, das Grundbuchamt eine entsprechende Umschreibung nicht vornehmen.

Das heißt damit auch, dass Vermögensgegenstände sanktionierter Personen nicht allein auf Grundlage der EU-Sanktionsverordnungen eingezogen oder beschlagnahmt werden können. Ihre private Verwendung ist rechtlich weiterhin zulässig. Verboten ist ihr Einsatz als Einkommensquelle.

Auch Gelder wie Wertpapierdepots, Konten und Unternehmensbeteiligungen sanktionierter Personen werden als Konsequenz einer „Listung“ eingefroren. Sie dürfen nicht ohne Weiteres beschlagnahmt werden. Das heißt, es ist unzulässig, dass die gelisteten Personen darauf zugreifen und darüber verfügen. Sind mit Unternehmensbeteiligungen bestimmte Aufsichts- und Entscheidungsbefugnisse verbunden, so dürfen diese nur ausgeübt werden, wenn die Anteile dadurch nicht in ihrem Bestand verändert werden. Ausschüttungen an gelistete Anteilseigner sind grundsätzlich nicht beziehungsweise nur auf eingefrorene Konten möglich. Das folgt aus dem Bereitstellungsverbot, das stets neben dem Einfrieren zu beachten ist.

ABER: Vermögensgegenstände können präventiv beschlagnahmt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass im Hinblick auf diese Sache Sanktionsverstöße begangen werden könnten (Bruch des Einfrierens, Bereitstellung an eine gelistete Person). Das zu beurteilen, liegt im Ermessen der zuständigen Gefahrenabwehrbehörde, also – je nach den Umständen des Einzelfalls – beispielsweise des Zolls oder der örtlich zuständigen Polizei- oder Ordnungsbehörde.

2. Überblick über die behördlichen Zuständigkeiten bei Umsetzung von EU-Sanktionen

Bei der operativen Umsetzung der Sanktionen wirken verschiedene Bundes- und Landesbehörden entsprechend ihrer Kompetenz und Zuständigkeit zusammen. Bei den unterschiedlichen Sanktionen sind folgende Bereiche zu unterscheiden:

Für Finanzsanktionen sind – wie dargestellt – Geschäftsbanken und Versicherungen unmittelbar operativ verantwortlich, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Einfrieren zu beachten. Sie sind dabei gegenüber der Bundesbank berichtspflichtig. Für die Freigabe von eingefrorenen Geldern im Rahmen der sanktionsrechtlichen Ausnahmetatbestände ist die Deutsche Bundesbank (Servicezentrum Finanzsanktionen) zuständig. Das betrifft insbesondere Verfügungen über eingefrorene Konten.Die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS), angesiedelt bei der Generalzolldirektion, ist die Behörde auf Bundesebene, die eingefrorene Vermögenswerte systematisch ermitteln und im Einzelfall im Rahmen der Gefahrenabwehr sicherstellen kann. Hierfür arbeitet sie eng mit den anderen nationalen und internationalen Behörden zusammen.Das BAFA ist zuständig, wenn sich Verbote oder Genehmigungspflichten auf die Lieferung von Gütern oder auf die Erbringung von nicht-finanzbezogenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Gütern beziehen (Beispiel sind u. a. dual-use Güter), außerdem für Ausnahmegenehmigungen hinsichtlich eingefrorener wirtschaftlicher Ressourcen.Der Zoll überwacht die EU-Sanktionen insbesondere in den Bereichen Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr sowie der Verbringung und trifft die geeigneten operativen Maßnahmen, gegebenenfalls in enger Abstimmung mit dem BAFA, sofern sich beispielsweise Fragen zur sanktionsrechtlichen Erfassung bestimmter Güter stellen.Für die Beschlagnahme oder anderweitige Sicherstellung von eingefrorenen Vermögensgegenständen sind nach deutschen Recht die Behörden zuständig, die mit der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung betraut sind. Eine Beschlagnahme oder Sicherstellung sind im deutschen Recht dann zulässig, wenn die Gefahr eines Sanktionsverstoßes droht, beispielsweise die Gefahr besteht, dass über eingefrorene Sachen (z. B. ein PKW oder eine Yacht) verfügt wird, weil diese zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten werden. Wie bereits dargestellt, ist zu beachten, dass eingefrorene Vermögensgegenstände nicht standardmäßig eingezogen oder beschlagnahmt werden können, denn deren private Nutzung ist grundsätzlich weiterhin zulässig (Beispiel: Eine auf der Sanktionsliste befindliche Person darf weiterhin im eigenen Auto fahren, dieses aber nicht als Taxi nutzen).Rechtsverstöße gegen EU-Sanktionsbestimmungen verfolgen die zuständigen Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der nationalen Straf- und Bußgeldvorschriften.

3. Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS)

Mit dem Inkrafttreten des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes II als Ausfluss aus den Arbeiten der interministeriellen Task Force zur Durchsetzung der Sanktionen (BMWK und BMF) wurde die ZfS errichtet. Diese ist seit dem 1. Januar 2023 als Direktion XI der Generalzolldirektion und damit unter dem Dach der deutschen Zollverwaltung operativ tätig. Nach Errichtung des Bundesamts zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) soll die ZfS zum 1. Juni 2025 in dieses übergeleitet werden, um Synergieeffekte zwischen der Sanktionsdurchsetzung und der Geldwäschebekämpfung zu erzielen sowie die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgung und Analyse weiter zu verbessern.

Die ZfS füllt mit ihren Aufgaben und Befugnissen eine bisher bestehende Lücke in der Durchsetzung von Finanzsanktionen. Ihre Arbeit konzentriert sich vorwiegend auf die Durchsetzung von Finanzsanktionen gegen in europäischen Rechtsakten gelistete Personen und Entitäten und damit insbesondere auf administrative Ermittlungen in Bezug auf deren eingefrorene Vermögenswerte. Verwaltungsrechtliche Vermögensermittlungen werden beispielsweise durch allgemeine Ermittlungsmaßnahmen, d. h. die Vernehmung von Personen, die Sicherstellung von Unterlagen und Gegenständen sowie das Durchsuchen von Wohnungen oder Geschäftsräumen durchgeführt. Die Zuständigkeiten der bisher auf Bundesebene im Bereich der Sektorsanktionen (z. B. Ein- und Ausfuhrverbote) tätigen Behörden bleiben unberührt.

Neben der Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Stellen stellt die ZfS auch eine Hinweisannahmestelle für Jedermann zur Verfügung.

4. Bekämpfung von Sanktionsumgehungen

Im Fokus der Überwachungsarbeit durch die zuständigen Behörden liegt insbesondere die Verhinderung und Verfolgung von verbotenen Sanktionsumgehungen. Sanktionsumgehungen können dann vorliegen, wenn sanktionsbehaftete Güter aus der EU über Drittländer dennoch nach Russland gelangen. Güter können dabei in manchen Fällen zunächst von Drittstaat zu Drittstaat weitergeleitet werden, bevor sie endgültig nach Russland gelangen. Immer längere und komplexere Lieferketten machen die Sanktionsdurchsetzung sowohl für die westlichen Hersteller als auch für die zuständigen Behörden schwierig. Zudem werden die Güter teils direkt vom exportierenden Staat nach Russland transportiert, aber unterwegs mehrfach weiterverkauft, um ihre Herkunft zu verschleiern.

Der EU-Sondergesandte David O’Sullivan, flankiert von G7-Partnern und Regierungen der Mitgliedstaaten, übernimmt für die EU die Ansprache von Drittstaaten, um die Kooperation mit diesen zu verbessern und Sanktionsumgehungen zu verhindern. Mit dem 11. und 12. Sanktionspaket hat die EU beispielsweise durch die Einführung des „Anti-Circumvention-Instruments“ sowie der „No-Russia-Clause“ auch rechtliche Instrumente zur Bekämpfung von Sanktionsumgehungen etabliert.

Auf G7-Ebene koordiniert die Arbeitsgruppe „Enforcement Coordination Mechanism“ (ECM) die Bekämpfung der Sanktionsumgehung zwischen den G7-Partnern.

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