Hinweise fรผr Chartres-Reisende
Wo befindet sich das Labyrinth von Chartres?
Viele Besucher der Kathedrale von Chartres รผbersehen es, weil sie erwarten, dass es drauรen vor dem Eingang oder im Inneren angebracht ist. In Wahrheit ist es versteckt und wird oft nicht wahrgenommen. Wenn Sie die gotische Kathedrale durch den Haupteingang im Westen, das Westportal, betreten, dann sehen Sie einen Teil des Labyrinths im Mittelschiff auf dem Fuรboden. Der grรถรte Teil ist meist von Stuhlreihen bedeckt.
Woraus besteht das Labyrinth von Chartres?
Es gibt viele Irrtรผmer darรผber, woraus das Labyrinth besteht. So behaupten manche, es „wรคre im Mittelalter von Mรถnchen auf den Fuรboden gemalt“ worden. Doch die Kathedrale von Chartres wurde nicht von Mรถnchen erbaut, und es befindet sich kein Kloster in der Nรคhe. Zudem wurde es nicht auf den Fuรboden gemalt, sondern es ist ein Bodenmosaik, eine Intarsienarbeit aus Stein: Es besteht aus hellen und dunklen Marmorplatten.
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Ein weiterer Irrtum besteht รผber seinen Urspung. So wird behauptet, das Labyrinth sei eine Erfindung des Mittelalters. In Wirklichkeit geht es in seiner Form bereits auf die Antike zurรผck und soll in รคhnlicher Form schon in Kreta existiert haben.
Welche Form und Grรถรe hat das Labyrinth?
Das Labyrinth ist kreisfรถrmig und hat mit rund 12 Metern einen beachtlichen Durchmesser. Die Laufspur zwischen den schwarzen Steinen ist so lang, dass man beim Abschreiten rund 261 Meter zurรผcklegt. Im Inneren des Labyrinths befindet sich eine sechsblรคttige Blume, auf der ursprรผnglich eine Kupferplatte angebracht war. Auf ihr sollen Theseus und der Minotaurus sichtbar gewesen sein. Wรคhrend der franzรถsischen Revolution wurde die Platte eingeschmolzen, so dass man heute nur noch die Stahlstifte sieht, auf der sie befestigt war.
รbrigens handelt es sich nicht um einen „Irrgarten“, in dem man sich verlaufen kann. Auch wenn der Weg unรผbersichtlich erscheint, gibt es nur einen einzigen Weg, der in den Mittelpunkt fรผhrt.
Wozu wurde das Labyrinth in der Kathedrale von Chartres im Mittelalter verwendet?
Im Mittelalter erfรผllte das Labyrinth verschiedene Funktionen: So soll es als Kalender fรผr die Kleriker gedient haben, die mit Hilfe der รคuรeren Bordรผre der 113 Zacken, der vier Quadranten und der Anzahl der Windungen die beweglichen Ostertermine berechneten. Auรerdem wurde im Mittelalter zu besonderen Anlรคssen darin getanzt. Und nicht zuletzt war das Abschreiten des Labyrinths auf Knien im Mittelalter eine Buรรผbung, die eine Pilgerreise nach Jerusalem oder Santiago de Compostela ersetzte – sozusagen eine „Pilgerreise fรผr Arme“.
Warum ist das Abschreiten des Labyrinths von Chartres eine Achtsamkeitsmeditation?
Das langsame und bewusste Begehen des Labyrinths ist heute beliebt bei jung und alt. Kinder haben groรen Spaร daran, weil es sie an Hรผpfspiele erinnert. Und Erwachsene erfรผhlen beim bewussten Abschreiten einen Rhythmus: Es ergibt sich eine Spannung daraus, dass man niemals genau weiร, wann man das Zentrum erreicht hat. Den lรคngsten Teil des Weges befindet man sich im Irrtum darรผber, wie weit man noch vom Innersten entfernt ist. Jeder mag fรผr sich selbst erspรผren, inwieweit es den Charakter einer Achtsamkeitsmeditation auf dem Weg ins eigene Innere hat. Auf jeden Fall ist das Abschreiten ein besonderes Erlebnis.
Wenn das Labyrinth von Stuhlreihen zugestellt ist, wie kann man es begehen?
Von der Fastenzeit vor Ostern bis zum 1. November ist das Labyrinth von Chartres jeden Freitag zwischen 10 und 17 Uhr begehbar. Die Stuhlreihen werden weggerรคumt, so dass es fรผr meditative Spaziergรคnge zugรคnglich ist.
Gibt es nur in der Kathedrale von Chartres ein Labyrinth?
Labyrinthe hat es in mehreren gotischen Kathedralen gegeben, die etwa zur selben Zeit im 12. Jahrhundert errichtet wurden, z.B. in Sens und in Pontigny. Dort sind sie jedoch wรคhrend der franzรถsischen Revolution zerstรถrt worden. Heute gibt es noch ein Labyrinth in der Kathedrale von Amiens, das dem von Chartres ein wenig รคhnlich sieht und die Form eines Oktogons hat.
Auรerdem ist vor einigen Jahren ein Labyrinth auf dem Pflaster vor dem Magdeburger Dom eingebaut worden, der zur gleichen Zeit wie die Kathedrale von Chartres entstand. Das Magdeburger Labyrinth, das zum Welt-Labyrinth-Tag am 13. Oktober 2012 eingeweiht wurde, entspricht in Grรถรe und Durchmesser weitgehend dem von Chartres.
Was ist auรer dem Labyrinth noch sehenswert in der Kathedrale von Chartes?
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Dr. Sonja Ulrike Klug ist Unternehmenspublizistin und vielfache Buchautorin.
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